Freitag, 27. Januar 2012

eROTische Verstrickungen ! / Rauminstallation mit Literatur!

„eROTische Verstrickungen“ heißt die derzeitige Installation der Künstlerinnen Mariellage, Hedi Baumann und Bettina Carter in der Galerie Kunstvoll.
Die Fensterfront ist mit roten Fäden und Textilien verstrickt. Dazwischen stößt man auf passende Texte der Autorengruppe PUNKTum!
In einem elektr. Bilderrahmen laufen 10 Texte (von Claudia Schuler, Hans Montag, Ilse Bub und meiner Wenigkeit), im Wechsel mit 10 passenden Fotos.









Besonders eindrucksvoll ist das Ganze nach Einbruch der Dunkelheit, bei dezenter Beleuchtung. Im Gewirr der Eindrücke kann man sich schon mal verfangen ...
Also nicht wundern, wenn abends Passanten vom S-Bahnhof dort hängenbleiben - es liegt natürlich an den knackigen Texten!






Bis 29. Februar ist die Installation noch zu bewundern, Bahnhofstraße in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, gratis und anonym.
Die Süddeutsche Zeitung hat darüber berichtet! Auf dem Link der Galerie findet man den Artikel! 

Weiterführende Links:

Galerie Kunstvoll: http://www.kunstvoll-online.de/
Danke für die Einladung zur Zusammenarbeit

Grafikatelier St. Königshausen: http://st-koenigshausen.blogspot.com/
Danke für die Hilfe beim erstellen des elektronischen Inhalts

Mariellages Blog: 
http://www.mariellageart.blogspot.de/

Sonntag, 22. Januar 2012

RuhrTour 2012 / Teil 3/3

Teil 3
Essen und Dortmund

Von Gladbeck, ganz im Norden, nach Essen, ganz im Süden. Der Wegweiser schickt mich geradeaus. Rechts Bottrop, links Gelsenkirchen, rundum ein Wäldchen.
Bottrop wird von einer Halde überragt, gekrönt vom Stahlgerüst des Tetraeders.

Essen empfängt mich mit hellen Bürotürmen und ausgedehnten Einkaufsmeilen. Die City ist geprägt von Geschäftsleuten, zu Fuß oder in schwarzen Limousinen, und Bummlern in Shopping-Malls und schicken Läden. Es war auch Essen, der Musterknabe, das den Titel Kulturhauptstadt 2010 für das Ruhrgebiet geholt hat.
Ich parke bei IKEA. Eine alte Werkshalle wurde zum Parkhaus umgebaut. Wäre ja schade gewesen um die schöne Fabrikhalle.




Essen gibt sich modern und zukunftsorientiert. Dabei ist Essen eine alte Stadt. Im Jahr des Herrn 946 wurde das Essener Münster nach einem Brand neu errichtet, Teile stehen bis heute. Das ottonische, oktogonale Westwerk, dem Aachener Dom nachempfunden, ist zur Hälfte erhalten, und wurde ab 1275 mit einer frühgotischen Hallenkirche erweitert. Bei dessen Bau wurde bewusst eine andere Formensprache als in Köln gewählt, um sich den Kölner Machtansprüchen zu widersetzen. Das Dachgewölbe ist durchgehend gleich hoch, vor allem sind Chor und Halle unter einem Dach. Getragen wird es von glatten Säulen, die Dienste laufen nicht hinunter. Immer wieder kommen Leute, verweilen in stillem Gebet.







Vor dem Grillo-Theater steht ein offener Bücherschrank. Ein weißes Holzregal mit verglasten Klappen hält Bücher bereit. Man stellt eins rein, nimmt sich dafür eins mit. Das Angebot wird rege angenommen, leer ist es davor nie. Natürlich leiste ich einen Beitrag!

Ich verlasse die City und fahre nach Essen-Werden, im Süden und direkt an der Ruhr. Steil geht es bewaldete Hügel hinab, vorbei an Schlößchen, über die Ruhr. Werden ist eine alte Stadt, mit viel Fachwerk und Klassizismus, und beliebtes Ausflugsziel.
Ab dem Jahr 799 wurden hier Kirchen gebaut. Ich besuche St. Lucius, die „älteste Pfarrkirche nördlich der Alpen“. Erbaut ab 955 ist sie Romanik in Reinform. Leider wurde sie ab der Säkularisation 1803 als Kornlager, später als Wohnraum genutzt. Erst in den 1950ern wurde es zurückgebaut. Doch Spuren bleiben: Die Außenfenster wirken wie Beton-Schlitz-Elemente, die Bemalung in rot-orange wirkt wie der Geschmack der 1970er. Alte Bemalung ist nur in Resten erhalten.






Weiter geht es Richtung Dortmund, meiner letzten Station.
Auf der A 40 fahre ich durch Bochum. Beiderseits erstrecken sich Wohngebiete, immer wieder steht ein alter Förderturm dabei. An einem Tunnel steht: „ich komm aus wir“.
Im Radio kommt eine Verkehrsmeldung: Wegen Tagebruchs wird ein Stück der A 45 bei Dortmund komplett gesperrt. Die Mittelspur sackte weg, der Stollen war alt und auf keiner Karte mehr verzeichnet. Genau dort wollte ich fahren. Ich werde morgen Früh um sechs losfahren, auf der B1 durch Dortmund, bevor ich auf den unvermeidbaren Stau treffe.

Anmutig präsentiert sich Zeche Zollern in der Nachmittagssonne. Der Zugang führt durch einen grünen Park, mit weit ausladenden, alten Bäumen. Die Zeche wurde 1898 bis 1904 im Historismus als moderner Vorzeigebetrieb errichtet. Stolz der Betreiber und Kaisertreue sind nicht zu übersehen. Die Maschinenhalle mit dem Jugendstilfenster war leider gesperrt. Dafür gibt es Abendessen im ehemaligen Pferdestall. Krüstchen = Schnitzel auf Brot. Lackierte Holzvertäfelung, darüber Tapete cremeweiß + grau melliert, Pflanzen und alte Gegenstände davor, schwache Beleuchtung, schwarz-weißer Fliesenboden. Für Steampunk-Freunde ein Highlight.





Ich bin am östlichen Rand des Ruhrgebiets, in Westfalen. Man spricht hochdeutsch, ist sehr höflich und um korrekte Bedienung bemüht, entschuldigt sich lieber drei mal zu oft als gar nicht, redet allgemein weniger.
Die Sonne versinkt hinter der Parklandschaft. Bevor sie wieder aufgeht, habe ich das Ruhrgebiet verlassen.

Das Wort „boah“ hatte ich kein einziges mal gehört.

Samstag, 21. Januar 2012

RuhrTour 2012 / Teil 2/3

Teil 2
Gladbeck

Meine Reise führt mich weiter nach Gladbeck, das sich anschickt, ein literarisches Zentrum des Ruhrgebiets zu werden. Nördlich von Bottrop stellt es das „grüne Tor zum Ruhrgebiet“ dar. Ich schaue auf der A 52 nach Norden. Vorbei am Ruhröl-Gelände, mit qualmenden Schloten, vorbei an Marl, mit seinem großen Chemiepark. Kurz darauf bin ich im Grünen, in einem Wäldchen nahe Haltern, danbeben Felder und Höfe. Man baut mit Klinkern, dunkelrot bis dunkelbraun, Felder und Wiesen in dunklem Grün. Eben noch am Rhein, bin ich schon in Westfalen, auf dem Land.
Zehn Minuten später bin ich wieder in Gladbeck. Sonntag Vormittag einen Imbiss in der Innenstadt zu finden, erweist sich als unmöglich. Bleibt mir nur das „Brauhaus“, mein Hotel mit Gastwirtschaft, für Pommes Spezial, also mit Mayo und Ketchup.
Gladbeck wird von der Propsteikirche St. Lamberti überragt, einem Backsteinbau. Hoch ragt die grüne Kupferhaube auf, je ein Engel mit Fanfare wacht über jede Himmelsrichtung. Tief und voll klingt der Glockenschlag durch die Gassen.
Die Apothekendichte ist hoch, doch nur eine Trinkhalle blieb im Zentrum. Durch den Strukturwandel wanderten Viele ab. Neue zogen von außerhalb zu. Gute Infrastruktur lockt  Familien und Rentner, doch sie pflegen die Trinkhallenkultur nicht weiter.








Das Kraftwerk Scholven bläst aus fünf Kühltürmen und zwei Schornsteinen in die Mittagssonne, während ich auf meine Mitstreiter warte. Gladbecks Literaturszene gibt ein Auswärtsspiel in Mülheim an der Ruhr. Die Mannschaft besteht aus Dirk Juschkat, Lyriker aus Gladbeck, der die leisen Töne angenehm und unterhaltsam vermittelt; Harry M. Liedtke, der die Gladbecker Literaturszene zusammenhält und gerne mit herrlich ironischen Kurzgeschichten brilliert; Inga Hetten aus Trier, mit ihrem fundierten Wissen über die Gruftieszene seit den 80ern, für die spannende Unterhaltung eine Frage gründlicher Arbeit ist; der Medienfrau Julia Röken; und mir, der gerne schräge Ideen verarbeitet.

In Mülheim treffen wir auf Armin Rudziok, alias B.A. Moon, und seine Frau Martina. In jahrelanger Arbeit hatten die beiden eine ehemalige Pizzeria zum „ARTelier Rudziok“ umgebaut. Vorne ist der gemütliche Bar- und Lounge-Bereich, eingerahmt von Armins Gemälden. Dahinter die Bühne, mit Platz für max. 20 Zuschauer. Die beiden führen inszenierte Lesungen und Theaterstücke, die aus Martinas Feder stammen.
Armins Theatererfahrung kommt dem Vortrag seiner Geschichten und Gedichte zugute. Zu unserer Vampirlesung kommen acht Zuschauer, die zum Stammpublikum zählen, das sich die beiden in vier Jahren erarbeitet haben. Unsere Vorstellung nahmen sie angeregt auf, was uns ein großer Dank war.
Danach wurde entspannt geplaudert, und auch der alte Dialekt ausgegraben, um darüber zu lachen. Doch so redet heute keiner mehr.
Zurück ging es durch Essen. Neben der Autobahn verläuft die U-Bahn oberirdisch. Fahrgäste stehen im Freien und kucken auf die Autos.












Tags darauf wiederholten wir die Vorstellung im Gladbecker Café Stilbruch. Durch den Kneipenbetrieb gab es ein größeres Kommen und Gehen vor der Kleinkunstbühne, Pressefotografen machten eifrig Bilder.
Lesungen gibt es dort montags, fast wöchentlich. Von dieser Basis aus sind weitere Aktionen geplant.
Ein Klischee hat sich bewahrheitet: Im Ruhrgebiet kommt man mit Menschen viel schneller zusammen als anderswo. Man ist ehrlich und direkt, bescheiden und herzlich.








Der Abschied fällt nicht leicht, doch ich kehre zurück auf mein Zimmer.
Das Kraftwerk Scholven bläst noch aus allen Rohren in den Nachthimmel.


Lesen Sie in Teil 3: Romanik in Essen, Weltkulturerbe in Dortmund



Weiterführende Links: 

http://www.lokalkompass.de/gladbeck/kultur/schatten-mit-biss-d127551.html/action/recommend/1/


RuhrTour 2012 / Teil 1/3

Reisebericht Ruhr 2012
oder: „Ich bin gekommen, um „boah“ zu hören.“

Das Ruhrgebiet besteht aus einer Vielzahl von Städten und Orten. Sie bilden keine Mega-City, sondern sind um Eigenständigkeit bemüht.
Wer großstädtische Segnungen sucht, wie Imbiss rund um die Uhr, Clubs für jeden Geschmack, Küchen aller Herren Länder, wie es im halb so großen Berlin gängig ist, muss lange suchen.
Zwischen diesen Städten findet sich oft genug Grünland, durch das sich Verbindungsstraßen und Autobahnen ziehen. Ab und an qualmen Raffinerien, moderne Stahlwerke und Kraftwerke.

Und dennoch: das Ruhrgebiet besticht durch seine Vielseitigkeit, überrascht mit Kunst und Moderne, ruhigen Orten. Und mit der Selbstverständlichkeit, mit der Strukturwandel hier zum Alltag gehört.

Teil 1:
Duisburg
Meine erste Station ist Duisburg, ganz im Westen des Reviers, am Rhein. Ich folge der A59. Viele Ein -und Ausfahrten erlauben nur Tempo 80. Sie führt gerade durch, unter und vor allem über die Stadt. Ein altes Haus steht sogar komplett unter der Fahrbahn. Unvermittelt hat man einen Panoramablick auf den ehemaligen Güterbahnhof, und sofort Bilder der Love-Parade vor Augen. Ein riesiges Freigelände, ungenutzt, mitten in der Stadt, und eine altehrwürdige Halle, direkt neben der Fahrbahn. Von Umgestaltung ist nichts zu erkennen. Großveranstaltungen sind bekanntlich nicht möglich. Bleibt abzuwarten was aus dem Gelände wird.
Die Stadt ist von Schwerindustrie geprägt. Pipelines und Fabrikgelände gehören zum Bild. Ich fahre über den Innenhafen, in den Norden. Auf den ersten Blick ist unter mir eine große, braune Fläche. Auf den zweiten erkenne ich Silos, Schrott, Kräne, braune Hafengebäude, und ganz hinten qualmende Schornsteine des Thyssen-Krupp-Stahlwerks Ruhrort und des Kraftwerks Laar.
Schwerindustrie prägt das Stadtbild, auch wenn sie fehlt. Es wirkt zusammengewürfelt, nicht bunt, sondern braun und grau. Straßen passen sich ein, in die Anordnung alter Siedlungen. Es gäbe viel zu tun. Große Sanierungsvorhaben sind zwar geplant, abwarten scheint aber Motto zu sein. Fast stolpere ich bei diesen Gedanken über Reste mehrerer Sylvesterfeuerwerke, das bereits zwei Wochen zurückliegt.

Im Stadtteil Meiderich wurde in den 1980ern das Krupp-Stahlwerk stillgelegt, und im Rahmen des „Landschaftspark Nord“ der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Es ist Samstag Nachmittagt und der Parkplatz (gratis) ist voll, Müll liegt herum. Die Bürger tummeln sich zwischen Hochöfen und Möllerbunker, machen Fotos, steigen auf Hochofen 5 oder besuchen das Café im Hauptschalthaus, das den industriellen Charme bewusst nutzt, oder tauchen im gefluteten Gasometer, das vom Tauchclub betreut wird. Gerüchten zufolge wurde dort eine Cessna versenkt.




Mein Tag endet in der City. Ich folge dem dunklen Turm der Salvatorkirche, der aprupt und flach endet, mit einer Brüstung und weit ausragenden Wasserspeiern. Die verkohlte Färbung seiner Spitze lässt ihn wie abgebrannt aussehen, oder wie aus einer flämischen Landschaftsmalerei. Das wuchtige Rathaus daneben zeugt von Stolz der Bürger und dem einstigen Reichtum der Stadt. In der heutigen City gibt es, neben den üblichen Handelsketten, ein Angebot an Billig-Shops. Sie sind groß und der Zulauf rege.

Ich gehe Pizzaessen. Leute kommen zum Dartspielen, die Musik hat Beat (Deutschrock-Klassiker im HipHop-Remake), Lichterketten blinken. Rauchen erlaubt.
An der Disko nebenan hängt das Programm aus. Erstens: best of ever, zweitens: Tekkno.

Sonntag Morgen um neun bin ich wieder im Landschaftspark, als einer der ersten, mache Fotos vom Stahlwerk im Morgenrot. Als ich zum Parkplatz komme, gegen halb zehn, bereiten sich die ersten Taucher. Der Tag hier beginnt. Die Duisburger sind ihrem industriellen Erbe verbunden.

Lesen Sie in Teil 2: Gladbeck, die kommende Literatur-Hauptstadt

 

 







Sonntag, 8. Januar 2012

Ein BUCH geht um die WELT


Mit diesem Deckblatt starten ein paar Bücher zu ihrer Weltreise!
Wer eines davon bekommt, darf es lesen, riechen, ... - und möge es bitte weiterreichen, damit es viel herum kommt.
Unter "Kommentar" kann man HIER den Aufenthaltsort angeben (auch anonym möglich!).

Alle Blog-Leser werden die Reise gespannt mitverfolgen.

Ein GANZ GROSSER HERZLICHER DANK geht an alle Mitwirkenden
- und an St. Königshausen Grafikdesign!

Über viele Meldungen freut sich:
Robert Königshausen

Bücher: wo seid ihr?

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Fernseher



„In der Oblast Woronesch wird eine Buchweizenernte von 128.000 t erwartet, in der Oblast Belgorod ... „ So ging es seit einer Viertelstunde. Der Gesichtsausdruck des Sprechers wirkte so gelangweilt wie wir. Aber eigentlich sahen wir nicht in den Fernseher, denn wir saßen direkt neben ihm. Sascha schaltete um auf MTV, den einzig erträglichen Sender.
„Das Programm ist echt schlecht“, meinte ich.

Ich durfte an der Zeitmaschine drehen. Ganz vorsichtig bewegte ich den Knopf, aufgeregt zuckten meine Finger zurück. Und schon war ich zurück im Jahr 1995, auf einer Reise nach St Petersburg.
Mit Sascha teilte ich ein Zimmer auf dieser Klassenfahrt. Wir dösten vor uns hin, in alten, verschlissenen Sesseln, direkt neben dem Fernseher. Langsam blies er den Rauch seiner Zigarette aus, der sich allmählich zwischen nikotinvergilbten Vorhängen und kahlen Wänden verteilte, bevor er in die warme Sommernacht entwich. Nach etwa einer Stunde Dämmerung zog die Nacht herauf. Meine Armbanduhr zeigte halb eins. Auf MTV war noch Stimmung im Studio, London war drei Stunden hinterher. Wir öffneten unser polnisches Dosenbier, gute Westware, aus dem kleinen Laden um die Ecke. In ihm sahen wir nur Hotelgäste, zwischen folienverpacktem Weißbrot, englischem Wodka oder polnischem Bier. Die Schwarzhändler waren nicht mehr auf der Straße, die Kioskhäuschen an der Metro-Station geschlossen.

Tagsüber gab es viel auf der Straße zu kaufen. Großmütter streckten ihr Inventar aus, Tücher oder Wecker, für ein paar Rubel. Passanten standen mit drei Flaschen Bier herum. Kamen Polizisten, in altmodischen Uniformen, versteckten sie ihre Habe und spielten Passanten, die zum Plausch herumstanden.
Ihnen mussten die Westtouristen vorkommen wie Reisende aus einer anderen Zeit: Modisch gekleidet, Walkman in der Tasche, T-Shirts der angesagtesten Hardrockbands. Es war eine Zeitreise für beide Seiten.

Doch auch unser Zeitgefühl geriet durcheinander. Um vier Uhr nachmittags war das Licht genauso wie um zehn Uhr abends, die Sonne stand fast gleich hoch.

Ich dachte zurück an unseren heutigen Streifzug. Wir fanden eine verlassene Werkstatt, mit vier alten Drehmaschinen. Sie erzählten mir von besseren Zeiten, als sie noch liefen und täglich gepflegt wurden. Seitdem reisen sie alleine weiter durch die Zeit. Rost und Zerfall wurden ihre Begleiter.
Nebenan fanden wir einen alten Friedhof, manche Gräber waren 100 Jahre alt. Sie stammten aus Zeiten, als das Sterben noch einen anderen Stellenwert hatte. Steinerne Krähen oder Fledermäuse waren Nebendarsteller; hinter Engeln, die schmerzdurchzuckt fielen und ihre Fackel fallen ließen. Berühmte Zeitgenossen erhielten sogar eine Statue ihrer selbst.
Auf dem Gräberfeld nebenan, wesentlich jünger, sah es schlichter und funktionaler aus. Niemand hatte mehr Zeit und Muße, aus einem Grab ein Kunstwerk zu machen.

So waren wir müde zurückgekehrt, in unser Hotel Rossija auf dem Moskovska Prospekt, mit dem zerbröselten Schriftzug, Teppichen und Vorhängen aus den 50ern, Leuchtern im Sputnik-Stil, als das modern war. Auf uns wirkte es nostalgisch und gemütlich.

„Bier raus“, meinte ich und ging auf Toilette. Ich spülte zuerst, damit die Kakerlaken weg waren. Wir hatten uns an sie gewöhnt. Die Badtür schloss nicht mehr, aber sie blieben im Feuchten, in Toilette, Waschbecken und Badewanne. Von fünf bis fünf, dann konnte man wieder duschen. So einfach war das.

„Bier rein“, meinte Sascha, reichte mir eine Dose 80-Pfennig-Luxusbier. Ich zappte am Fernseher. „Die Aussichten der Textilindustrie für die kommenden Jahre ...“. Weiter. MTV ging in die Nachtschleife.
„In der Nacht ist das Programm nicht besser“, meinte er.
Draußen graute der Morgen, meine Uhr stand auf halb vier.
„Weißt Du eigentlich noch, in welche Zeit wir gehören?“, fragte ich ihn.
„Zeit wird überbewertet“, war seine ganze Antwort.
Irgendwie verstand ich.



Alle Rechte liegen beim Verfasser

Anmerkung des Verfassers:
das Stück schlummerte schon lange und wurde zum Punktum-Thema "Zeitreise" überarbeitet.

Mittwoch, 4. Januar 2012

Karl-Valentin Comic im Endspurt!

Das machen Andere:
die Münchner Comicgruppe Comikaze stellt in Kürze einen Comicband fertig, für einen Verlag, der dann veröffentlicht wird (der Band): Münchner Geschichten von und mit Karl Valentin.

Einen ersten Einblick gewährt St. Königshausen Grafikdesign:

http://st-koenigshausen.blogspot.com/2012/01/valentin-sketches.html



Auf diesem Blog gibt es unglaublich viel zu entdecken.
Also: Tee kochen, Lieblingsmusik einstellen, und stöbern!

Dienstag, 3. Januar 2012

Vampirlesung im Doppelpack

Nächste Woche geht es los (uah), zur Lesereise nach Mülheim a.d. Ruhr und Gladbeck. Drückt mir die Daumen!
Die Leseprobe zu „Energiespender“ ist fertig ausgearbeitet.
Ich freu‘ mich auf die Ruhr-Tour!






Der Eintritt ist frei, Blut-Spenden sind erwünscht.
Wobei ich als Spender sehr begehrt bin. Mein Blut (Null, negativ) verträgt jeder.
Wer spendet wem was? Wer kommt? Wer hat einen (dunklen) Schatten? Und wer liest das hier?