Montag, 30. Dezember 2013

Neues eBook: "Geisterbräute Heute"


"Geisterbräute Heute"
(Looser-Tales)
Oder: Das Grusel-Fusel-Album

ein eBook
von mir 



Es begann mit einer Schnapsidee. „Grusel Fusel“ entstand 2005 im abgerockten Zimmer eines Pariser Backpacker-Hostels. 2006 fertiggestellt und an diverse Wettbewerbe verschickt, war es 2007 ein erster Achtungserfolg, u.a. „Geschichte des Monats“ auf einem Fantasy-Portal.

2013 dann die nächste Schnapsidee: Ein kleiner Band mit Gruselgeschichten, die rund um die Welt spielen. Ein paar Freunde reisen herum, und in jeder Story bleibt einer auf der Strecke. Kommentar meiner Frau: „Einer verlobt sich jeweils“. Ja, genau!
Blieb mir nur, je 1 Geschichte zu verfassen, die thematisch  an diesem roten Faden hängt, stilistisch aber eigenständig ist; sozusagen jede in einer eigenen Stimmung zu verfassen, damit sich nicht die immergleiche Leier wiederholt.
Unterstützt wurde ich von Ilse Bub, die das Lektorat übernahm, und den letzten Schliff herausholte. Vielen herzlichen Dank Ilse!

Das Cover zeigt eine Zeichnung, genauer gesagt eine Skizze aus dem Skizzenbuch der Gestalterin meines Vertrauens, und passt wie die Faust ins … äh.


Zu welchem Genre gehört der Band jetzt? Grusel, Horror, Abenteuer, Liebe, Humor?
Ja, von allem etwas.
Ist das nicht doof, wenn man nicht weiß, in welche Schublade man es packen soll?
Diplomatische Antwort: Einer der Vorteile in Bayern zu wohnen ist, dass es so etwas eine anarchische Tradition gibt. Bislang bemerkbar bei Musik und Filmen. Und überhaupt fing das Musikgenre „Independent“ auch zwischen den Stühlen an. 

In meiner Jugend sagte man mir bereits einen sehr trockenen Humor nach. 
Und davon habe ich bei diesem Büchlein ungehemmt Gebrauch gemacht. 
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Klappe, jetzt:
Fünf junge Männer, die noch bei Mama wohnen und keine Frau finden, fahren stets gemeinsam in Urlaub. Ohne genauen Plan fahren sie los – Überraschungen sind also vorprogrammiert.
Hält die weite Welt Frauen für sie bereit, die ein ähnlich hoffnungsloser Fall sind? Oder sind sie wirklich so negativ, wie es uns der Autor verkaufen möchte?

Verfolgen Sie die Fünf auf ihren unglaublichen Reisen!
Ja, es ist ein Buch mehr, das die Welt nicht braucht. Aber es ist kurzweilig. Und wer weiß, vielleicht findet man ein Stück von sich selbst darin?
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Erhältlich ist das Büchlein hier:


Preislich kann man nicht viel sagen. 2,99 EUR, für etwa 70 bis 80 Buchseiten – das ist ein absolut fairer Deal.
Also: support your local Bücherschreiber!
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Hier noch ein paar Fotos von den Schauplätzen einiger Geschichten: 

Bettyhill, Schottland:
Hier hatte ich tatsächlich gezeltet, mit Kumpels, das einzige Mal auf dieser Tour. Eine schöne Nacht mit Vollmond … Das Zelt sieht man schon „oben“, also nach der Flucht. Alles was da unten so braun und grün ist, die ganze Ebene, soff damals ab – obwohl das Meer eine Meile weg ist. Aber sonst ist es schön dort. 





Aragón, Spanien:
Auf dem Weg nach Madrid sind wir neben der Autobahn gefahren, auf der Landstraße, hoch auf eine Hochebene, mit Blick nach unten, auf Schiene und Autobahn. Verlassene Hotels stehen einige dort oben. 



Fushimi, Japan
Bei Kyoto. Der Inari-Schrein ist einer der größten und beliebtesten Inari-Schreine in Japan. Verehrt werden Natur-Gottheiten. Zu deren Ehre kann man einen Torii stiften, einen roten Torbogen. Teilweise stehen sie so eng, dass ein Tunnel entsteht. Die Anlage ist aber sehr weitläufig. 




Mini-Toriis, mit Wünschen der Besucher











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Sonntag, 22. Dezember 2013

Retro-Reisebericht: JAPAN , 2009

Japan - ein Reisebericht

November 2009


Japan fasziniert durch seine reiche Kultur, die unserer westlichen etwas entgegenzusetzen vermag.Stefanie träumte schon lange von einer Reise nach Japan – und manchmal werden Träume wahr.
Im November 2009 ist es soweit. Für 3 Wochen sind wir im japanischen Herbst. (Im japan. Fernsehen laufen übrigens Vorhersagen, wann das Herbstlaub wo besonders schön ist). Und los!

So einen ruhigen Flug hatte ich noch nie erlebt. Schon vor dem Abheben hatte Jeder Kopfhörer auf und einen Film gestartet. 12 Stunden im Jumbo Jet, von London nach Tokio, das ist Zeit für viele Filme.

Ich denke zurück. Früh morgens losrumpeln. Im Anflug auf London läuft dezenter Drum‘n‘Bass an Bord. Zur Morgendämmerung fliegen wir über die englische Küste. (Das ist für mich der Moment, der sich wie „Heimkommen“, in eins meiner Lieblingsländer, anfühlt.)

Die Starb*cks-Theke am Flughafen war fest in indischer Hand (in London leben viele Menschen mit indischen und pakistanischen Wurzeln). Ich bestelle und bezahle einen kleinen Cappuccino. Die Beiden rufen sich irgendetwas in ihrer eigenen Sprache zu. An der Ausgabe fragt mich der Zweite, was „mein Drink ist“. Kleiner Cappuccino. Er sucht seine vorbereiteten Becher durch, gibt mir einen großen. Irgendwie hatte er nur Latte Macchiato und Cappuccino vorbereitet – weil das fast jeder bestellt. Alle in großen Bechern, so dass keiner enttäuscht sein kann. Was die Beiden reden – bleibt unverstanden. Stefanie kennt es als „Das indische Prinzip“: Jeder bekommt etwas, und Alle sind glücklich.

Wir gehen zum Gate, und erschrecken kurzzeitig. Wir sind fast die einzigen „gaijin“ (Ausländer), unter vielen Japanern, von denen viele einen Mundschutz tragen. Wo fliegen wir hin?
Aber das machen sie jedes Jahr, zur Erkältungszeit. Man möchte nicht sich, sondern seine Mitmenschen schützen. Vielleicht trage ich Keime, und übertrage sie durch Niesen ...

Beim nächsten Sonnenaufgang überfliegen wir Japans Bergwelt. Diesmal fühlt es sich für Stefanie an wie „Heimkommen“, falls man das so nennen kann ...

Die Einreise geht schnell. Registrierkarte ausfüllen (wird an Bord ausgehändigt, liegt am Flughafen aus), Hände auflegen (für Fingerabdrücke), Foto wird nebenbei gemacht, fertig. Kein Visum vorab erforderlich.

Wir tauschen Geld. Das geht so: In einem Glaswürfel sitzen 4 Männer. Die 2 vorne arbeiten, die 2 dahinter kontrollieren. Irgendwie kurbeln sie die Scheine durch eine Zählmaschine, es sieht umständlich aus. Doch letztlich erhalten wir geprüfte Qualität.

Am Bahnschalter kaufen wir unsere Zugtickets. Ein Mädel (mit Mundschutz) blättert in ihren Katalogen, tippt Beträge in den Taschenrechner, holt die Tickets aus einer Schublade. Wir legen Bargeld auf die vorgesehene Schale, sie reicht das Wechselgeld auf dieser Schale. (Einen PC hatte sie nicht).
Überhaupt werden wir viel Service-Personal mit Taschenrechnern und kleinen elektronischen Geräten sehen (PCs scheinen dort unüblich zu sein). 





TOKIO, Teil 1

Tokio besteht hauptsächlich aus Betonhäusern, von Straßen durchzogen, auf Brücken fährt die S-Bahn über Straßen und Wegen von Bahnhof zu Bahnhof, die meist auf Säulen stehen (wie in Berlin). Um diese Bahnhöfe gruppieren sich Restaurants, Märkte und Shops.
Die Autos auf den Straßen drücken nicht auf die Tube. Angeben ist hier nicht angesagt, eher Rücksicht auf die Mitmenschen. Auch in den Zügen und auf den Bahnsteigen sind Gedränge und Lärmpegel geringer als bei uns.
Alte Gebäude sind meist eine „Insel“, mit Mauer außen rum, einem Park, und somit auch eine Ruhezone. Eine „Altstadt“ in unserem Sinne gibt es nicht, doch zu sehen gibt es genug.





am Senso-Ji

Ein traditionelles Gasthaus (Ryokan) am schönen Senso-Ji Schrein, im Stadtteil Asakusa [sprich: Asaksa], ist unsere Bleibe. Den Schrein und die zugehörige Markt-Meile finden wir gleich. Die richtige Nebenstraße suchen wir nach Plan, sowie mit einem Ausdrucks eines Fotos des Eingangs  – eine rein optische Suche also. Denn Namen haben hier nur die „richtigen“ Straßen (bei uns so etwas wie Zubringer), die Namensschilder sind bei ihnen auch zweisprachig. Der Rest ist einfach freier Platz zwischen den Häusern. Die Adresse bringt uns auch nicht weiter, die Häuser eines Stadteils sind ihrer Entstehung nach durchnumeriert. Also in etwa: „Tokio, Asakusa, III.er Bereich, Haus 3951“. Deshalb gibt es Kōban (Polizeihäuschen) in jedem Viertel. Polizisten sind ortskundig, Kriminalität kaum vorhanden.


Die Nebenstraßen sind eng, voll mit Stromleitungen, Klimaanlagenboxen, Schildern und kleinen Läden. Eine Laterne am Boden verrät uns, dass ein Gasthaus kommt, der Eingang sieht aus wie auf dem Foto. Und tatsächlich steht „Ryokan Kamogawa“ auf der Laterne, und an der Tür. Willkommen! Das Zimmer gibt es aber erst ab 18 Uhr. Wir lassen die Koffer dort und sehen uns draußen im Viertel um.

Um 15 Uhr sitzen wir in einem Restaurant, das auf Nudelsuppen spezialisiert ist. „Ramen“ ist eine große Schale, mit Suppe, Seetangstreifen obendrauf und ganz vielen Weizen- oder Buchweizennudeln, die man mit Stäbchen herauszieht. Gibt es auch mit dünnen Scheiben „Schweinebraten“ obendrauf, und ein Ei (in 2 Hälften) schwimmt fast immer herum. Die Suppe trinkt man direkt aus der Schale, schlürfen ist OK.
Ein Mädel in Schuluniform sitzt alleine herum. Bestimmt genießt sie etwas Ruhe zwischen ihren Terminen. Sie schneuzt sich leise, steckt das Taschentuch wieder ein. Ich bin darüber erleichtert, denn Suppe regt natürlich an zum schneuzen. (Aus China wusste ich, dass schneuzen in Restaurants unhöflich ist, und sein benutztes Taschentuch wieder einzustecken völlig daneben).

Natürlich rufen die Angestellten laut, als wir den Laden betreten. Jeder Gast wird freudig begrüßt, aus allen Ecken tönt ein „Irasshaimaseeeeee!“, oder ähnliche Willkommensgrüße.

In einem „7-Eleven“ Combini, oder Convenient-Store, kaufen wir Snacks für den Abend: „Onigiri“ = Reis-Dreiecke, in Seetang eingewickelt, pur oder mit versch. Füllungen (ca.0,80€) und Dosenbier. Combinis sind eine japanische Institution. Es gibt Getränke, Gebäck, Knabbereien, Fertiggerichte, Zeitschriften, Putzmittel – und das meist bis Mitternacht.

Unser Zimmer ist gemütlich, obwohl dort gerade so unsere 2 Futons Platz finden. Der Schlafraum ist ca. 3x3m groß, wovon 2x2m mit Tatami-Matten belegt sind. Bleibt ein Streifen von 1m für Gepäck und uns (der Schrank ist zu klein für unsere Koffer). Das Bad ist mini. Die Badewanne kann abgedeckt werden, ein Thermostat hält das Wasser auf Wunsch bei 40°C. Länge der Wanne: ca. 1-1.50m – für uns also eher zum sitzen. Wir nutzen sie nur als Dusche.
Die Toilette hat eine dieser lustigen Steuerungen, mit Knöpfen die wir nicht verstehen,für Sitzheizung, oder für Geräusche wie fließendes Wasser, die unangenehme Geräusche übertönen.
Und nicht vergessen: Bei Betreten des Zimmers Schuhe ausziehen und in die Schlappen schlüpfen. Vom Schlafraum ins Bad: Zimmerschuhe aus und Badschuhe anziehen!

Wir sind hundemüde, jetlagged, legen uns ins Bett und schauen TV, der praktischerweise an der Wand hängt. So sieht das aus:
TOKIO DOGS: 2 junge Komissare, haben ihre eigenen Probleme noch nicht im Griff, lösen aber die Anderer. Klar dass sich hier alles vermischt – der Freund von früher ist Hauptverdächtiger, Gefühlschaos unvermeidlich.
DATINGSHOW: 4 Pärchen sitzen jeweils in einem Abteil, alles ist knallbunt. Sie müssen Rätselfragen lösen. Bei jeder falschen Antwort werden die Luftballons größer, die beiden noch enger aneinander gedrängt, bis die Ballons irgendwann platzen. Der Moderator trägt schwarz und einen Plüsch-Zylinder, sieht aus wie ein Peter-Pan-Verschnitt, springt lautstark herum und macht Witze.
KOCHSHOW: Das Wunschgericht, oder: Mindestens 5 Arten Carbonara zu kochen.
Man nehme: Sahnesoße, Schinken. Dazu evtl. Muscheln oder Spaghetti.
Dann: - wickle es in Salatblätter, oder
tunke es in Käsefondue, oder
brate den Schinken an, schneide ihn mit der Schere klein, oder vieles mehr
Nach 2 Stunden können wir nicht mehr (der Jetlag).

Das Frühstück variiert täglich. Auf einem Tablett kommen Kaffee, Brötchen und Gemüse in ungeahnten Formen (geschnitten) und Farben. Was das wohl alles war?

Die ersten Tage verschaffen wir und ein wenig Überblick in Japan – und erleben ein paar Überraschungen.

Sonntags auf nach Odaiba, zur „Palette-Town“, einer Vergnügungsinsel in der Tokyo-Bay. Die Monorail „Yurikamome (mit der namensgebenden jap. Möwe als Maskottchen) fährt führerlos / computergesteuert von Shimbashi aus nach Odaiba, über die Rainbow-Bridge, die Aussicht ist schön. 





Auf dem Platz vor dem „Venus-Fort“, einer Shopping-Mall in mediterranem Stil und gemaltem Himmel (wie in Las Vegas), ist Action angesagt. Eine Tanzgruppe nach der anderen tritt auf. Dazu gehören 1-3 große Trommeln, 2 riesige Fahnen und etwa 2 Dutzend Tänzer/innen – Männlein und Weiblein, jung und alt, alle machen mit. Zu einem Musikstück vom Band (ca. 3:30 Min. jew.) zeigen sie ihren Tanz, bringen die Zuschauer zum träumen oder staunen. Gleich darauf kommt die nächste Gruppe, so geht es stundenlang. Nix zahlen, das machen sie einfach so.
Nicht fehlen darf natürlich auch der Besuch einer „Spielhölle“. Bei kleinen Wohnungen braucht man natürlich einen Aufenthaltsort. Und hier sind sie. Rauchend vor dem „Münzen-Schieber“, daddelnd in Reihen von Spielautomaten. Und was man hier alles spielen kann! Mit dem Panzer Dinos abknallen, Autorennen fahren, UFOs abwehren, uvm. Wir setzen uns in ein „Auto“ und lassen uns durchrütteln, während wir versuchen zu lenken.
Mädchen verschwinden in Gruppen in einer der vielen „Schminkkabinen“ zum „Purikura“, machen dort Gruppenfotos, die sie vor Ausdruck noch bearbeiten können.
Kinder schlagen auf eine Trommel, versuchen den angezeigten Rhythmus einzuhalten, um Punkte zu bekommen.
Ältere stehen an der Music-Box, die einen Techno-Beat stampft. Jeder Taster gibt einen Soundeffekt dazu. Wer‘s romantisch mag (oder ein Separee möchte) fährt mit dem Riesenrad.

Vor dem Nationalmuseum in Ueno ist eine lange Schlange (der Eintritt ist heute „zufällig“ frei). Ein Verkehrspolizist sieht uns von Weitem, ruft uns über die Straße zu: „Lucky you! Today is free!“ (Ihr Glücklichen, heute ist‘s gratis).
Eine Stunde stehen wir an, haben aber immer Platz um uns. Drängeln und Schieben müssen sie erst noch von uns lernen ...

Eine Bootsfahrt auf dem Sumida-River gondelt uns durch Hochhauslandschaften, bringt uns von Asakusa zum Hama-rikyu Garden – einem japanischen Garten, mit einem alten Teehaus am See. Für umgerechnet 5 € gibt es Grüntee-Matcha mit Süßigkeit. Matcha ist ein Pulver aus Grünteeblättern, das mit Hilfe eines Rührbesens aus Bambus in heißes Wasser gerührt wird. Der Tee ist nicht nur trübe (richtig grün!) und sahniger, sondern auch kräftiger als gewöhnlicher Grüntee.
Die Süßigkeit ist aus zuckriger Masse, jahreszeitlich gestaltet (ein Herbstblatt in gelb), und versüßt den bitteren Geschmack des Matcha. Wir sitzen auf der Terrasse, genießen den Ausblick auf die grüne Insel im See, und versuchen die Bürotürme drumherum auszublenden (was Japaner Gerüchten zufolge perfekt beherrschen).


Links im Bild: Das Teehaus


Getränke kaufen geht immer. Ständig läuft man an Getränkeautomaten vorbei, die eine Vielzahl kühler und warmer Getränke anbieten. Blau heißt kalt, Rot heißt warm (Flasche Grüntee oder Dose Kaffee). Dieses System gilt auch in den Combinis. Das Erstaunliche: Warm und Kalt sind zusammen in einem Automat.  




Eine Runde „so geht“:

Essen
Es gibt sehr viele kleine Restaurants. Platz für ca. 20 Gäste, ein altes Ehepaar betreibt es – er kocht, sie serviert (bei ca. 85%). Oft sind diese Gaststätten auf einem Haufen, z.B. an Bahnhöfen. UND: fast immer sind sie spezialisiert. Z.B. auf gebratene Nudelgerichte (in 20 Variationen), Tempura, Reisgerichte, Okonomi-Yaki (Omeletts), Ramen (Nudelsuppen), etc. Die Speisekarte ist bebildert. Einfach draufzeigen, schon ist alles klar – trotz Sprachbarriere. Dazu gibt es einen Krug mit Leitungswasser, und Gläser. Die Rechnung kommt gleich mit an den Tisch. Zum Bezahlen geht man am Ende zur Kasse (meist am Ausgang), Trinkgeld ist unbekannt, fertig. Oft kommt der Koch, geht auf und ab, schaut nach dem Rechten, lächelt höflich (er will sehen, wie sich die „gaijin“ anstellen und evtl. was zum lachen haben).

Wenn man nicht satt wird? Einfach in den nächsten Laden. Japaner machen es auch so. Was kostet das denn? Pro Person so um die 4€.

Ein Bier danach? Weiter zu den „Bierschütten“. Biertisch-Garnituren stehen in und vor dem Haus oder Zelt, der Wirt (öfter noch: die Wirtin) steht davor und ruft. Sinngemäß muss es sowas heißen wie: Bier muss weg, wir haben zuviel, hier ist es lustig! o.ä. Wer eine Gitarre hat und/oder singen kann, ist König. Stimmung ist angesagt, mitsingen erwünscht. (Ausländer gelten als Spaß-Schnorrer, weil sie nicht mitfeiern).

Kleine Anmerkung zum bestellen: Rückfragen zur Essensbestellung hatte ich nie verstanden, aber immer mit „Ja“ beantwortet („Hai!“)
WICHTIG: egal was dann kommt – es ist das Richtige. Bitte nicht beschweren oder nach Änderungen fragen, das wäre ein Gesichtsverlust, und für beide Seiten unangenehm.

U-Bahn fahren (in Kyoto):
stellte uns vor ein Rätsel. Geht aber so: Man wirft Geld in den Automat, dadurch leuchten ein paar Tasten. Je mehr Geld, desto mehr Tasten leuchten – auf ihnen stehen Preise für Fahrkarten. Irgendwann drückt man auf den gewünschten Preis, und das Ticket kommt.
Woher weiß ich den Preis? Darüber hängt ein Netzplan, mit Zonen etc. In den Zonen stehen die Preise, oder daneben. (Beispiel: Kyoto-Station kostet von hier 800 Yen. Ich werfe 800 Yen ein, und kann ein Ticket für 500 wählen, eins für 700, aber auch eins für 800). Wenn man‘s mal geschafft hat, ist es ganz einfach.
Wer sich ärgert, weil er‘s nicht kapiert: einfach mal andere gaijin beobachten (wie uns) – denen geht‘s genauso.

In Tokio gibt es die Suica-Card: eine elektr. Fahrkarte zum aufladen. Einfach in den Geldbeutel, diesen Geldbeutel auf das Kontaktfeld halten (verschlossen), der Automat bucht ab, die Schranke geht auf.
Die Bahnhöfe sind zweisprachig beschriftet (Japanisch und Englisch), auch die Ansage im Zug erfolgt zweisprachig. Beim Verlassen des Bahnhofs ins Freie ist der Übersichtsplan nicht weit (wiederum zweisprachig). Wir hatten uns in der ganzen Zeit nicht 1x verfahren.

9 Uhr morgens, an der S-Bahn: Der Bahnsteig ist gut voll, viele Schüler und Büroangestellte. Zwar kommt die S-Bahn alle 3-4 Minuten, doch die Züge sind immer gut voll.
Der Lärmpegel am Bahnsteig und im Zug: deutlich unter unserem Niveau. Man schreit nicht herum, es wäre unhöflich. Das Handy: ist aus. Man drängelt nicht. Die Atmosphäre ist sehr ruhig und entspannt.

Und obwohl oft mehr Menschen auf einem Fleck sind, fühlten wir uns wohler als in Deutschland. Nie, wirklich nie, fühlten wir uns bedrängt, unwohl, etc. Der Umgang miteinander, in der Öffentlichkeit, ist bei uns viel stressiger und unfreundlicher. 
(Sie müssen von uns also noch viel an Unverschämtheit lernen – oder wir von ihnen?)

Nikko

Mit einem unglaublich günstigen Kombi-Ticket (ca. 25 € p.P.) machen wir einen Tagesauflug nach Nikko. Das Ticket beinhaltet Hin- und Rückfahrt mit einer privaten Bahnlinie (je ca. 2h), Bus-Shuttle zur Tempelanlage, alle Eintritte dort.

Wir verlassen Tokio und seinen „Dunstkreis“, fahren über Felder, und schließlich rein ins Gebirge.
Der Bus ist klein, wir werden aufgefordert aufzurücken. Japaner arrangieren sich hier selber. Ab und an spüre ich eine sanfte Damenhand an Rücken oder Arm, die mich sachte anschiebt oder zurückhält. So verhalten wir uns richtig und stehen nicht im Weg. Es ist kuschlig – und soll das einzige Mal bleiben, wo wir mit Japanern auf Tuchfühlung stehen.
Eine ausladende Tempelanlage thront im Bergwald. Die jetzige Anlage stammt aus dem 17.Jh., die Ursprünge gehen zurück auf das 7.Jh.
Pagoden, Tore und Häuser sind mit aufwendigen Schnitzereien verziert. Obwohl es kühl ist und regnet, sind viele Besucher da, die meisten Japaner. Sie lassen sich vom Wetter in keinster Weise die Laune verderben.

Am Tōshō-gū-Schrein, für Ieyasu Tokugawa (einem der bedeutendsten Shogune, der Japan einte), sind übrigens auch die 3 Affen. Sie heißen: Nichts Böses sehen, nichts Böses hören, nichts Böses sagen.








Der 3. November ist Kulturtag in Japan, und Feiertag. Pfadfinder kleben Markierungen auf die Straße, um Zuschauer vom Umzug zu trennen. Sie laufen in kurzärmligen Hemden herum, denn der Winter hat noch nicht offiziell begonnen (laut Kalender). Wir ziehen die Jacke bis obenhin zu, weil trotz Sonnenschein der Wind kalt geht.

Die Parade beginnt mit dem traditionellen „Tanz der Kraniche“ am Senso-Ji. Als Kranich verkleidete Mädchen, mit Flügeln, tanzen zu den Klängen von Trommel und Flöte, und folgen dann dem Tempelpriester zum Umzug auf die große Straße. Unzählige Gruppen folgen ihnen, und zeigen alte Kostüme. Wir stellen uns an die Straße, hinter den Trennstreifen, und genießen den Ausblick. Gaukler mit Leitern, die sie hoch und runterklettern, Geishas, Samurais, Soldaten, Leute auf hölzernen Plateauschuhen („Geta“-Schuhe), Handwerker, Wagen mit einer Trommel und Musikern, und vieles, vieles mehr. 


Zug der Kraniche




Am Nachmittag kehrt wieder Alltag am Senso-Ji ein. Die Buden-Meile ist mit Herbstlaub (Plastik) geschmückt, man schlendert und bummelt. In jede Bude kann man reingehen und Ware anschauen. Man wird nicht bedrängt, das wäre unhöflich. So macht ein Einkaufsbummel gute Laune.
Seitlich des Schreins ist die „Fressmeile“. Schokobananen, Tintenfischspieße, Takojaki (panierte Teigbällchen mit Tintenfisch), oder gegrilltes Hähnchenschnitzel (vorgegart und am Grill vor den Augen fertig gegrillt). Alles sehr lecker, frisch, nicht teuer und mit einem Lächeln serviert. 




KYOTO

Der Shinkansen bringt uns in 3 Std. nach Kyoto (1,3 Mill. Einw.), Japans alter Hauptstadt. Die Fahrt ist ausgesprochen ruhig, es ruckelt wenig, und man verhält sich dezent. Die Schaffnerinnen verbeugen sich vor den Fahrgästen, bevor sie den Waggon verlassen.
    Stefanie hat sich am Bahnhof eine Bento-Box gekauft und probiert sich genüsslich durch. Bento ist das japanische Lunchpaket, mit einer Vielzahl kleiner, roher, eingelegter oder gekochter Leckerlis. Jeder Ort ist stolz auf seine typische Mischung, und als Japaner muss man sie auf Reisen probieren. Es gibt sie fertig (und bunt) an jedem großem Bahnhof. 


Eine Bento-Box von innen



Kyoto ist die Stadt der Tempel, Schlösser und Steingärten. Wer alles sehen will, ist vermutlich ein paar Jahre beschäftigt.

Auf dem Weg zur U-Bahn laufen wir schon an einem Schrein vorbei (Yasaka-Schrein). Einheimische verweilen hier kurz, schicken ein Gebet zum Himmel, klatschen in die Hände, verbeugen sich, gehen weiter. 




Viele Leute laufen in den traditionellen Gewändern herum. Beim Spazieren im Park ist es nicht schwer, Fotos von ihnen zu machen. Wer mit offenen Augen herumläuft, findet alle Naselang geeignete Motive. Denn Gärten und Pagoden, die gibt es hier zuhauf. 






Am Heian-jingu Tempel machen wir uns mit der Tradition vertraut. Eine Wand aus Sakefässern steht neben dem Tempel. Es müssen fromme Wünsche sein. Sake verdampft, steigt auf zu den Göttern, und nimmt (hoffentlich) die Wünsche mit nach oben.
Daneben steht eine Reihe „Bäume“ in weißen Blüten. Die Bäume bestehen aus Metallrohren. Im Tempel kauft man „Glückslose“, die einem die Zukunft prophezeien. Bei Nichtgefallen bindet man die Zettel an einen der „Bäume“, damit der Wind das schlechte Schicksal mit sich nimmt. 




Zettel an Stangen - sehen nur aus wie Bäume ...

links: Sakefässer

Kyoto ist natürlich auch „Geisha-Town“. Viele junge Mädels laufen als Geishas durch die Straßen, Touristen drehen durch und knipsen sich tot.
In unserem Hostel hängen übrigens lustige Fotos, wie sich jeder so stylen lassen kann – also Vorher-Nachher-Bilder. Die besten finde ich, wie australische Touristen (ja: männliche!) sich ebenfalls zur Geisha schminken lassen. Australier haben bei sowas keinerlei Hemmungen … 



Morgens gehen wir hoch zum Kiyomizu-Tempel, einem großen, hölzernen Gebäude auf Pfeilern an einem Berghang, umgeben von leuchtenden Ahornbäumen. Der Weg windet sich durch alte Gassen hinauf zum Tempel. Die Läden öffnen, es gibt Bento-Boxen (auch als Mitbringsel geeignet), Plüschtiere, Kalender, Tonnen von Schlüsselanhängern, und natürlich „Fressbuden“. Wir probieren Mochi, in Dampf gegarte Süßspeisen. Schmeckt und sieht aus wie ein Germknödel, nur aus grünem Teig (mit Matcha gefärbt), und süßer Bohnenpaste gefüllt.
Der Tempel ist einer der größeren und älteren in Japan, und ein Besucher-Magnet. Bevor man ihn erreicht, kann man abbiegen, z.B. auf den „Liebeshügel“. Wer es schafft, mit geschlossenen Augen von einem Stein zum anderen zu laufen (ca. 20m), also nicht daran vorbeiläuft, hat Glück in der Liebe. Eine Teenagerin versucht es.
Wie wir so schauen, wuseln plötzlich Kinder mit  gelben Kappen (Jungs) bzw. Sonnenhüten (Mädchen) um uns herum. Kurzes Abstimmen – wer traut sich? „You have time please?“, fragt einer der Jungs. Wir sollen den Zettel lesen.
Sie sind von der So-und-so Schule der Provinz Hiroshima, und möchten uns ein paar Fragen stellen, um ihr Englisch zu üben. Wenn Sie das nicht wünschen, sagen Sie einfach: wir sind beschäftigt (we are busy). Die Kinder kennen diesen Satz.
Wir stimmen zu. Sie stellen sich uns namentlich vor. Wir dann auch. Woher kommen wir, wie lange sind wir in Japan, seit wann in Kyoto, was hat uns am besten gefallen? Sie suchen das Land auf ihrer Weltkarte. „Doitslandu“ heißt das auf japanisch. „Aah, so weit weg!“ Könnt ihr hier noch eure Namen schreiben, bitte? (als Nachweis bzw. Erfolgsquote?). Der Lehrer hält sich im Hintergrund, bereit einzugreifen, lächelt jedoch nur erfreut, da wir so nett sind.
Als Dank bekommen wir selbstgemalte Bilder von den Kindern geschenkt und sind ganz gerührt.
Zum Schluss wollen sie noch ein Gruppenfoto machen. Schnell gebe ich dem Lehrer unsere Knipse, so dass wir auch ein Foto haben (!). Das Victory-Zeichen, in irgendeiner Form, machen Japaner übrigens immer für Fotos … Der Lehrer bedankt sich vielmals, die Kinder ebenfalls und wir auch. Glücklich gehen wir auseinander.

Später sprechen uns 4 Teenie-Mädels an, ob wir ein Foto mit ihnen machen wollen. Natürlich machen wir das, reichen der Fotografin wiederum unsere Knipse. Das Spiel heißt bestimmt: Wer findet die schönsten Langnasen?



Später gehen wir den Philosophenweg, im Osten der Stadt. Zwischen Kirschbäumen geht man einen Kanal entlang. Der Philosoph Kitaro Nishida lief ihn zum Meditieren entlang, zahlreiche Touristen spazieren ihn heute. Auch hier unterhält man sich besser nicht zu laut – was Andere nichts angeht, soll auch privat bleiben.

Abends kochen wir im Hostel. Gleich neben diesem ist ein Supermarkt, bis Mitternacht geöffnet. Dort gibt es viel Gemüse, frischen Fisch, viele Nudeln, Reis und Gewürze, frisches Sushi. Die Gänge sind etwas eng, Einkaufswägen dafür kleiner. An der Kasse wird alles aus dem Wagen oder Korb gehoben und in Tüten verpackt.
Ab 22:00 gibt es das Sushi zum halben Preis. Ein paar Leute im Hostel, v.a. ein Franzose, nutzen das fast täglich.


Im Kaiserpalast besichtigen wir die Räume, wo der Kaiser Boten empfing, Besuch, sich umkleidete, zu Abend aß, etc. Das ist also nicht viel anders als bei uns, nur dass der Palast aus Holz gebaut wurde, und die Bilder an der Wand meist Landschaftsmalereien sind.
Die Bauweise aus Holz hatte den High-Tech-Effekt des „Nachtigall-Bodens“, der v.a. für den Gang zu den einzelnen Zimmern angewendet wurde. Geht man auf ihm, federn und quietschen die Bretter. Einbrecher oder neugierige Höflinge haben also keine Chance, sich unbemerkt anzuschleichen. Und es funktioniert bis heute!

Nara

Ein Tagesausflug bringt uns nach Nara. Wiederum ein erstaunlich günstiges Ticket einer privaten Bahnlinie. Der riesige, buddhistische Tempel stammt aus dem 7. Jh., als Nara Japans Hauptstadt war. Auf dem Tempelgelände laufen auch zahme Rehe herum, bwz. Im angrenzenden Park. Sie gelten als Götterboten, wurden nie gejagt und sind entsprechend zutraulich (und verfressen).
Wir schlendern durch den „Laternengarten“. Der Weg führt leichte Hügel auf und ab, und ist gesäumt mit einer Unmenge alter Steinlaternen.
Richtung Ausgang besteht der Park wieder mehr aus Wiese. Eine alte Frau verkauft warme Süßkartoffeln aus ihrem dampfenden Ofenwagen. Ich zeige ihr die Stückzahl „1“ mit dem Zeigefinger (nie mit dem Daumen!). Die Schale ist purpurn, darin eine warme Kartoffel, etwas süßer als unsere. 






In Kyoto schauen wir uns natürlich den Goldenen Tempel „Kinkaku-ji“ an. Der ausladende Park führt um einen See herum, in dem sich der Tempel perfekt spiegelt.
Das Herbstlaub ist perfekt, und an sich schon Touristenmagnet. Die Zeit der Betrachtung des Herbstlaubs, Momiji, ist wie das Hamami zur Kirschblüte bei den Japanern sehr beliebt.
Der Goldene Tempel ist mit Gold beschichtet, und eins der beliebtesten Fotomotive. Jeder will ein Foto von sich und dem Tempel, dabei wird aber nicht geschrien, gerempelt, oder viel geredet.
Beim Silbernen Tempel liegt eine Anlage mit Steingärten. Jeder Steingarten hat eine eigene Form. Ein Konus in der Mitte, Wellenlinien, gerade Linien, alles regt den Lauf der Gedanken an …






Himeji

Ein weiterer Tagesausflug bringt uns nach Himeji. Der Zug fährt durch Osaka, an der Küste entlang, es wird wärmer. Hier blühen Blumen, vor der Burg steht eine Tribüne für Gruppenfotos.
In Himeji steht eine Samurai-Burg. So wie man es sich vorstellt: mit Burggraben, hoher Mauer, der Burg darauf und einem Innenhof. Schmale Stufen führen in die oberen Stockwerke, komplett in Holz gehalten. Im Prinzip ist es wie in einer Ritterburg, nur die Formen sind natürlich ganz anders.
Bei der Brotzeit vor der Burg werden wir von einem älteren Herren vorsichtig auf englisch angesprochen, der mit uns ein wenig über das Bauwerk reden möchte. 







Am Bahnhof von Kyoto, einem Riesengebäude mit Einkaufsmeile, spricht uns ein Film-Student an. Ob wir uns filmen lassen für sein Studienprojekt? Ja klar! Wir sollen fragend in die Kamera schauen, wie in einen anderen Raum, mit dem Finger rein zeigen, etwas in unserer Muttersprache murmeln, und dann sagen: „Oh, das ist Sushi!“
Er ist begeistert von unserer spontanen Brillianz. Er plant im Schlafsack eingekringelt herumzuliegen, während über ihm Videos von verschiedenen Leuten laufen, die fragend zu ihm schauen und ihn als Sushi erkennen. Natürlich werden wir dazu eingeladen, leider ist das nach unserem Abflug.

In Kyoto spazieren wir durch Parks und Gärten, schauen weitere Tempel mit Steingärten an. Schuhe ausziehen, Schlappen nehmen, auf die Tribüne setzen und das Ganze wirken lassen. Man kann am Geländer stehen, Fotos machen, die Muster analysieren. Die Japaner verhalten sich ruhig und dezent, wir tun es ihnen gleich.
(Sie müssen eben noch lernen, dass man herumschreien und drängeln kann ... )






Der letzte Ausflug, 2 Zugstationen außerhalb, sind wir am Fushimi-Inari. Am großen Tor des Fushimi-Schreins beginnt die Anlage. Eine Allee aus roten Torbögen zieht sich die Hügel hinauf. Sie stehen so dicht beieinander, dass kaum Sonne oder Regen hereinkommen, fast wie ein Tunnel, etwa 100 Meter lang. Danach kommt man wieder ins Freie, und das Ganze wiederholt sich. Weiter hinten wird die Anordnung lockerer, der ganze Rundweg zieht sich über mehrere Kilometer.
Gestiftet wurden die Torbögen allesamt von Familien, Firmen oder Einzelpersonen. Auf jedem steht etwas geschrieben, auf jedem etwas Anderes. Wir tippen auf fromme Wünsche für den Stifter. 





 
Wer nicht so viel Geld hat, bekommt Miniaturen in versch. Größen, kann seinen Wunsch draufschreiben, und ihn an einem der Tempel platzieren, die es dort gibt. (Im Rückbereich sieht man dann „das Archiv“, also alte Wünsche. 




TOKYO TEIL 2

Für Tokio Teil 2 steigen wir im Anne-Hostel in Asakusabashi ab. Es ist in einem kleinen Hochhaus (4 Stockwerke nur), im 2. und 3. Stock. Heißt: Schuhe ausziehen, Schlappen an, im 2. Stock anmelden, Schuhe wechseln, in den 3. Stock, Schuhe wechseln, aufs Zimmer. Zum kochen: 1 Stock runter und alles nochmal.
Die Anmeldung dauert ein wenig, wir „müssen“ mit den Betreibern blödeln, Vater und Tochter (zumindest sieht es so aus), die mit einem Amerikaner liiert ist, der fleißig hilft und japanisch lernt.
In der großen Küche steht ein Bierautomat, der Essraum ist gemütlich mit Holz verkleidet, 2 dicke Tischplatten, um die sich alle sammeln, sind etwa 40cm über dem Boden – wenn man traditionell am Tisch sitzen will. Unter ihnen sind Vertiefungen für die Füße in den Boden eingelassen, um „westlich“ sitzen zu können. Abends wird hier geglotzt (TV oder Video, gegessen, geredet, Bier getrunken – einer der gemütlichsten Orte die wir kennen.

An der Straße vorne ist ein Yoshinoya Schnellrestaurant. Man bestellt eines der Menüs von der Karte (bebildert), die auf einem Tablett kommen, und zwar schon wenige Minuten später. Meist geht es um eine Schale Reis, belegt z.B. mit 2 dünnen Scheiben Schweinefleisch, begleitet von einer variierenden Anzahl Schälchen, mit Beilagen wie Gemüse. Die Kette ist weit verbreitet und gut besucht. Wer allein ist, sitzt meist an der Theke. Essen in Jacke, iPod im Ohr, rauchen zum essen – ist völlig OK (rauchen aber extrem selten).

Während der Herbst langsam zu Ende geht, sehen wir uns in und um Tokio um. Denn wie gesagt: zu sehen gibt es genug!

Ein weiterer Tagesausflug bringt uns zum Herrn Fuji, so nennen Japaner ihren Lieblingsberg.  Abermals ein günstiges Kombiticket bringt uns zum Hakone Nationalpark. Wir fahren mit der Gondel hoch, wandern, fahrenmit dem Piratenschiff über den See, und haben immer einen schönen Blick auf den Fuji. Der ist aber noch weit genug weg. Wer wirklich zu ihm will, braucht Abenteurer-Ausrüstung.
Doch mit einem See, Wald oder einem roten Tor im Bild sind die Bilder vom Fuji fast schöner, als direkt auf ihm …
Am „Schwefelfeld“ Omaku-dani zischt und brodelt es. Heißes Wasser tritt zutage, geheizt auf 80°C von vulkanischer Aktivität. Das Feld ist als „Garten“ angelegt, auf befestigten Wegen geht man eine Runde. Es riecht nach faulen Eiern, das kommt vom Schwefel.
Doch Eier sind die Spezialität hier, und zwar „Schwarze Eier“. Im Schwefelwasser gekocht, wird die weiße Kalkschale ganz schwarz. 5 Stück in der Tüte, mit einem Tütchen Salz, etwa 3 €. Wir lassen’s uns schmecken, denn innen sind es normale, gekochte Eier – nur mit einem gewissen etwas, aber das nur schwach. Und natürlich bringt es Glück sie zu essen.
(Nicht zu verwechseln bitte mit den tausendjährigen Eiern in China: die bleiben liegen, bis sie i-n-n-e-n schön schwarz sind.)





Immer wieder rumpelt und poltert es. Es ist nicht so ruhig hier, wie es aussieht …
Der Fuji ist und bleibt eben ein Vulkan, und Japan Erdbebengebiet. 







Nach so viel Sightseeing brauchen wir einen ruhigen Tag in der Stadt.
Im Sumo-Museum sehen wir auf Monitoren, um was es bei Sumo geht. Es gibt eine Reihe von Angriffs- und Abwehr-Taktiken. Die richtige Wahl ist entscheidend. Der ganze Ringkampf dauert oft nur Sekunden, bis einer der beiden Wuchtbrummen aus dem Ring gedrängt wird. Davor stehen aber Stunden der Vorbereitung und Konzentration.

Die Design-Festa ist nach unserem Geschmack. Ein altes Gebäude wurde bunt angemalt und besprüht, drinnen stellen junge Künstler ihre Werke aus. Das ganze Haus ist ein Kaleidoskop an Stilen, Ausdrücken, Farben, Formen und auch Geselligkeit.
Mittagessen gibt’s nebenan. Die Tische bestehen aus einer heißen Platte, man bestellt sich „die Rohware“ und brät sich sein eigenes Okonomi-Jaki. Der Laden ist gut besucht, hauptsächlich mit jungem Publikum.
Kaffee gibt’s in einem Café. Die sehen sehr europäisch aus, der Kaffee schmeckt genauso. Dazu gibt’s ein Stück Kuchen etc. Alles wie zuhause.

Das berühmte Mitsukoshi-Kaufhaus darf natürlich nicht fehlen. Wir sind in der 2. Novemberhälfte, ab jetzt beginnt Weihnachten. Im Atrium des Kaufhauses steht ein riesiger und perfekter Weihnachtsbaum. Am Rande sind Punkte am Boden markiert, von denen aus man ihn besonders schön fotografieren kann.
Wir lassen uns mit dem Fahrstuhl nach oben fahren. Mit ihrem Arm versperrt die Liftdame symbolisch die Tür, wir sollen zurückbleiben bitte. Zum Stockwerk zählt sie die dortigen Warenbereiche auf. Service wird eben großgeschrieben.
Wir schlendern und schauen, Damen in Stöckelschuhen haben es eilig.  Darüber vergesse ich auf den Boden zu schauen und sinke fast ein. Das Parkett ist völlig zerstöckelt ...

Der Besuch im Mabukiza-Theater darf nicht fehlen. Im Stadtteil Ginza steht Tokios bekanntestes Kabuki-Theater. Die Stücke sind hunderte Jahre alt. Wir kaufen uns einen Akt (von 4), der dauert auch 2 Stunden. (Ja richtig: man kann den ganzen Tag dort verbringen).
Mit uns gehen auch viele Japaner nach dem ersten Akt. Es ist durchaus üblich sich nur einen Akt anzuschauen, den nächsten ein paar Wochen später, oder wann man eben eine Auszeit braucht …

Im Edo-Tokio-Museum sehen wir, wie Tokio zur Edo-Zeit aussah. Viele Holzhäuser, und wie es in ihnen aussah. Die Zeit heißt so, weil die Stadt damals „Edo“ hieß. Erst als sie Kyoto als Hauptstadt ablöste, 1868, wurde sie in Tokio umbenannt.
Es ist schön dunkel, die Ausstellung wird beleuchtet. Der Gang vor den Toiletten bleibt dunkel, eine Reihe mit Flugzeug-Sitzen dient der Erholung, 2 Japanerinnen dösen dort. Es ist also kein Gerücht, dass sie immer und überall das Eine können: schlafen.

Ein „Maid-Café“ darf auch nicht fehlen. Süße Schulmädchen bedienen, Teenager-Jungs sitzen schüchtern herum und himmeln sie an. Gegen Aufpreis kann man ein Foto mit seiner Lieblings-Maid machen lassen.

Puh, nach so viel Sightseeing ist mal Zeit zum feiern!
Sonntags in Shibuya treffen sich die Jugendlichen, verkleidet als ihre Lieblings-Manga-Figuren. Die Geschäfte sind offen, und sie mittendrin.
Über die Harajuku-Brücke geht es zum Yoyogi-Park. Die Brücke ist das Epizentrum der Cosplayer. Unten steht „Alice im Wunderland“, erstaunlich hell und kantig. Wieder ein australischer Tourist, der sich unter sie mischt?

Am Meji-Schrein, in einem kleinen Wald, läuft das „Fest der 3, 5 und 7-Jährigen“: Shichi-Go-San. Im traditionellen Kimono oder feinen Anzug verkleidet posieren die Winzlinge für die Kameras. Eine feierliche Hochzeits-Prozession stiehlt ihnen kurz die Aufmerksamkeit, aber auch nur kurz.

Wir fahren einen der beiden Rathaustürme des Tokyo Metropolitan Government Building hoch. Das ist gratis und bietet einen grandiosen Ausblick. Ein Sicherheitsmann schaut in jeden Rucksack. Ich habe eine Flasche Mineralwasser von Santori (die auch Whisky destillieren). Er lacht laut „Santori-Water, hahaha!“. Noch kurz Schlangestehen (keine 10 Minuten), dann geht’s 43 Stockwerke nach oben.
Der 360°-Ausblick über die Stadt ist wirklich toll. Man sieht bis zu den Bergen, bei gutem Wetter sogar bis zum Fuji. Natürlich kann man oben einkaufen, glitzernde Stifte und Mäppchen oder Stofftiere (z.B. Totoro).

Direkt vor dem Rathauses leben viele Obdachlose in kleinen Zelten. Es ist überdacht und windgeschützt. Und auch sie legen großen Wert auf Ordnung und Sauberkeit. 








Karakuma

Der letzte Ausflug bringt uns nach Karakuma, mit dem ÖPNV erreichen. Ein kleiner Ort, mit vielen winzigen Häusern. Es gibt viele kleine Tempel, die beliebte Ausflugsziele sind und praktisch einen Weg zeichnen. Letzte Station ist der große Daibutsu (eine Buddha-Statue). Sieht man sie meist in einem Tempel, steht dieser frei (seit der Tsunami 1498 den Tempel zerstörte). Der „Rundweg“ bietet Blick auf den Pazifik, bei milden Temperaturen. 





Abends feiern wir das Tori-no ichi mit. Es ist an 2 oder 3 Abenden im November (abhängig vom Jahr).
Wir sehen die Warteschlange und sind unschlüssig. Zivilisiert und entspannt, aber ewig lang, den ganzen Gehsteig vor. Also nicht anstehen.
Es zieht sich bis zum Ende der Schlange. An einem Torbogen stehen 2 Shinto-Priester und segnen jeden, der durch den Torbogen geht. Für uns gilt der Segen nicht, wir haben ja abgekürzt.
Wir gehen gleich in die Souvenir-Meile. Jeder kauft sich eine „Schaufel voll Glück“. In versch. Größen gibt es Bamus-Rechen, gefüllt mit Glücksbringern – Katzen, Fässern, etc. Diesen hängt man das ganze nächste Jahr an die Wand, damit der Reichtum zu einem findet. Behutsam steckt uns der Verkäufer noch einen 2. Kranich dazu, sowie ein paar getrocknete Ähren: Reis.
Dahinter geht es gleich über in die „Party-Meile“: entlang der gesperrten Straße reihen sich die Buden auf und verbreiten Jahrmarktstimmung. Man kauft sich Takoyaki (Tintenfischbällchen), Bratwurst, Bier, uvm., ist lustig, angeheitert, ausgelassen, fröhlich. 


Typische Glücksbringer des Tori-no-ichi-Fests


Nachts wacht Stefanie auf. Das Bett hat gewackelt. Daraufhin war Rush-Hour auf Toilette. Unser erstes spürbare Erdbeben, und ich hatte es verpennt …

In einer Bäckerei sehen wir uns um, kaufen dann ein paar bunte Stücke. Die Farbe unterstreicht den Geschmack. Violett schmeckt nach Pflaume, grün nach Melone, oder so ähnlich. Wie wir so unsere Stücke begutachten, taucht plötzlich ein Mann auf, und erklärt uns das Alles. Auf englisch, einfach so. Genauso schnell verschwindet er wieder in der Menge.

Und wenn wir vor dem Umgebungsplan stehen, die es über jedem U-Bahnhof gibt, und zu lange (oder unschlüssig) drauf schauen, kommt immer jemand an und will uns helfen.
Auffallend oft sind es ältere Ladies (um ihr englisch nicht verrosten zu lassen, helfen sie Ausländern). Dass man als Ausländer englisch kann, wird nie infrage gestellt.

Tokio wird oft als voll und hektisch dargestellt. Doch uns kam es nie so vor. Der Takt der Züge an einem Bahnsteig, die Zahl der Passanten, mag hoch erscheinen. Aber wie Hektik kam es uns nicht vor.

Eine Reise nach Japan ist aber auf jeden Fall etwas Schönes, und die Erinnerungen begleiten einen ein Leben lang. Wir selbst denken seit Jahren regelmäßig daran zurück (ca. wöchentlich). Mit einer Verbeugung bedanken wir uns bei allen Japanern für diese schönen Eindrücke.





ABSPANN
In einem kleinen Starb*cks neben der Shinjuku-Station endet unsere Entdeckungsreise. Es ist die 2. Novemberhälfte – die Läden stellen um, von Herbst auf Weihnachten. Wir sitzen am Fenster und schauen auf blau-leuchtend geschmückte Bäume. Es läuft Jazz, der passt in Japan zur Kaffeepause.

Wir erlebten die Japaner als super-westlich, außerordentlich höflich und korrekt, und überraschend offen und humorvoll. Trotzdem vergessen sie ihre Kultur nicht.
Ich muss gestehen, vor Abflug nicht der Riesen-Japan-Fan gewesen zu sein. Hier wurde ich es. 3 Wochen waren wir in der Zivilisation. Deutschland wirkt dagegen barbarisch.

Zurück in Deutschland werden wir fast Zeugen einer Schlägerei werden. Ein Rentner fordert Jugendliche mit Migrationshintergrund auf, die Füße vom Sitz zu nehmen, da Andere dort sitzen wollen. Einer der Jugendlichen entschuldigt sich prompt, doch der Rentner legt nach. Bevor es eskaliert (die Jugendlichen sind verärgert und wollen ihm was tun, immerhin hatten sie sich entschuldigt), steigt er aus. Willkommen in Deutschland!

Bleiben ein paar Stunden Flug. Über Nord-Sibirien wird die Sonne etwa 5 Stunden lang gerade über den Horizont kommen, was Ende November der Maximal-Ausschlag in diesen Breitengraden ist. Ab St Petersburg werden wir wieder nach Süden drehen. Nach der Landung sind wir kurz auf „der anderen Insel“ mit Linksverkehr, Schuluniformen, viel Tee und Fisch, höflichen Umgangsformen und eigenem Humor.

Doch noch sitzen wir hier beim Kaffee, schauen unsere Glückwunschkarten-Souvenirs durch, die mit Liebe zum Detail gemacht sind. Japaner schätzen das. Es ist die Wertschätzung für Schönes und für Details, die uns gefällt, Wärme im menschlichen Miteinander ebenso. Rücksicht auf die Mitmenschen wird hier täglich gelebt.

Die Tassen sind leer. Wir können gar nicht anders als aufzubrechen.

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Hier noch ein paar Firmennamen: Good Coffee Smile, The Smile Corporation, Happy Refresh, Smile Bus Corp., Big Smile, Happy Hearts, Big Happiness.

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Nachwort:
Wir waren vor dem GAU von Fukushima in Japan.
Wer durch diesen Bericht Lust zu einer Reise bekommen hat, sollte genau abwägen.
Unser Respekt gebührt allen Menschen, die in den betroffenen Gebieten ihren Alltag meistern.

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Kulturschock? Keiner!

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Das Buch:
„Schonungslos Japanisch“, Mona I. Thraen
ISBN 9 783941 796379


Eine 17-Jährige verbringt 1 Jahr in Japan, auf einer Schule, und in div. Gastfamilien. Flockig leicht, aber gut beobachtet, schreibt sie über den Alltag, die Besonderheiten der Japaner und ihre Schwierigkeiten als „Ausländerin“. Einblicke in Welten, die man als Tourist nicht zu sehen bekommt. Heiter, skuril, streckenweise beklemmend, erkenntnisreich, und mit viel Liebe zu Land, Leuten und Kultur geschrieben. Wer Japan verstehen will, kommt kaum um dieses Buch herum.

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Japanischer Humor? Bitte:

The Japanese Tradition:Anleitung für Sushi:
http://www.youtube.com/watch?v=0b75cl4-qRE

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Klangkiste - der gute J-Pop:

Kō Shibasaki „Mukei Spirit“

http://www.youtube.com/watch?v=TAXd_FRD28I


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