Leseprobe: Wald- und Wiesengeschichten
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„Hops“ und „Happs“ denkt sich der Fuchs, als er auf das für ihn leckere Kaninchen zuspringt. Doch was passiert jetzt? Etwas Großes, Lautes und Leuchtendes kommt ratternd näher, ein Ungetüm – und es hält direkt auf ihn zu. Er wendet, lässt das Kaninchen sausen, und flüchtet sich zurück ins Unterholz. Das Wesen, oder Ding, kam erstaunlich schnell. Über das steinige, ebene Band, das sich durch den Wald zieht, hatte er sich oft genug gewundert, sich aber weiter keine Gedanken gemacht. „Hier kommt doch nie was!“, zweifelt er. Und dann kracht dieses Ungetüm auch noch in einen der Bäume.
„Um Himmels Willen“, schreit der Fahrer des 38er Aston. „Der Kotflügel hat einen Totalschaden! So einen bekomme ich nie wieder! Mein schönes Auto!“ Seine weiteren Flüche drehen sich um Wertminderung, und um Wildtiere im Allgemeinen. Einmal im Jahr, im Frühsommer, holt er den Wagen aus seiner Garage, um an der traditionellen Oldtimer-Rally teilzunehmen. „Hier kam noch nie ein Tier!“, schimpft er und tritt wütend in den Baum.
„Muss das sein, du Chaot!“, krächzen die Eichelhäher, als sie in panischer Angst auffliegen, und zusehen müssen, wie ihr halbes Nest herunterrieselt, der Baum knickt und gefährlich schief stehenbleibt. „Den können wir vergessen!“ „Wohin sollen wir nur?“ „Wir müssen brüten!“ „So viel Arbeit umsonst!“ „Hier können wir nicht bleiben!“ „Wo sollen wir hin?“ „Wir müssen los, wir müssen los!“ „Es ist schon so spät im Jahr!“ „Wir müssen brüten!“ „Auf gehts, auf gehts!“ „Ob wir den Verlust jemals aufholen?“ „Wir müssen los, wir müssen los!“
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Aufgeregt flattert das Eichelhäherpaar auf, umrundet seinen alten Baum. Dieser beginnt, weder für unsere Augen, noch für Vogelaugen wahrnehmbar, seine Äste neu auszurichten, um mit seiner Schieflage weiterleben zu können.
Das gefiederte Paar flattert hektisch von Baum zu Baum, auf der Suche nach einem neuen Nistplatz. Nicht jeder Baum kommt dafür infrage – zu klein, zu dünn, zu nah am Wohnort gefährlicher Tiere, oder bereits von anderen Paaren bewohnt. „Hier ist kein Platz mehr!“, heißt es allerorten, „Hier ist kein Platz mehr für euch!“
Immer tiefer fliegen sie in den Wald, der voller ungeeigneter Bäume ist. „Einer muss doch für uns dabei sein!“ Nur leider entwickeln Nadelbäume im Wald keine ausladenden Äste; sie schießen nach oben, um dort an Sonnenlicht zu kommen. Das Unterholz fällt karg aus, bietet sich genau so wenig zum nisten an.
Nach einer Ewigkeit des Fliegens und Suchens, als sie dabei sind, die Hoffnung zu verlieren, entdecken sie eine Lichtung. Freudig erregt flattern sie im Kreis um sich selbst und frohlocken. Zwischen Fichten stehen Buchen und Kastanien, deren ausladende Äste über die Wiese hängen. „Hier finden wir einen Platz!“ Emsig begutachten sie jeden Baum an der Lichtung, sitzen Probe, piepsen eifrig.
Nachdem jeder Ast besichtigt ist, wählen sie einen Lieblingsplatz. Sie sind begeistert von ihrer Platzwahl, fangen sofort an Kleinholz vom Waldboden zu picken und ein neues Nest zu bauen. Für eine Nachbrut ist es noch nicht zu spät!
Nicht jeder Bewohner ist darüber erfreut, am wenigsten das Eichhörnchen.
Fortsetzung hier:
http://www.amazon.de/Wald--Wiesengeschichten-Robert-K%C3%B6nigshausen-ebook/dp/B00PDL4E8K/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1415555532&sr=1-1
Und Teil 2 des Büchleins spielt sich mit der Frage, wie die Tierreliefs aufs Schloss kamen, und was die Gechichten hinter der Geschichte sind.
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Die Wildsau
Endlich gings los zur Jagd! Im Jahr des Herrn 1601, einem außergewöhnlich kühlen Jahr, in einer ohnehin kühlen Zeit, das den Bewohnern von Schloss Döswald lange in Erinnerung bleiben sollte, ließ Ritter Eckbert von Döswald zur Jagd blasen.
Schon preschten all seine kühnen Recken, vier an der Zahl, auf ihren Pferden in den Wald, immer den Hunden folgend, die ihrerseits wiederum ihrer Fährte folgten. Es störte die kühnen Recken nicht, dass die Hunde mal kreuz, mal quer liefen. Die Spuren einer Wildschweinrotte waren kurz zu sehen, den Rest würden die Hunde schon finden.
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