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Donnerstag, 29. Mai 2014

Neuer Roman: Wildnis Nr. 50

Grüner wird‘s nicht! 




So Freunde, endlich gibt‘s was Neues. Eine halbwegs heitere und spannende Story aus der Tiroler Bergwelt – ein neuer Roman!

Fertig war er schon vor einem Jahr. Ich hatte versucht, ihn über Agenturen an einen Verlag zu bringen. Das war eine interessante Erfahrung. Die häufigsten Antworten:
Gute Idee, gut gemachte Story, passt nur derzeit leider nicht ins Programm.
ODER: ja, nehmen wir, zu folgenden Konditionen ...

Ein hauptberuflicher Autor verkauft ja vor allem sich selbst, was auch mit hoher Reisefrequenz verbunden ist. Aber das ist leider nicht meine Welt. Ich muss arbeiten gehen – und feile nebenher an meinen Texten.
Ein Indie-Autor zu sein, bringt wenig Glamour und Geld, dafür ist man unbestechlich, unbeirrbar – eben unabhängig.

Independent heißt für mich:
Verlage bringen raus, was die Leute zur Zeit lesen. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Da ich in meiner Freizeit schreibe, und mir das Spaß macht, kann und mag ich den Trends nicht nachlaufen. Ich schreibe lieber über Sachen die ich kenne, und bleibe authentisch. Das Ganze wird selbstredend probegelesen, lektoriert und korrektoriert – um ein angemessenes Qualitätsniveau einzuhalten.
Der Begriff „Independent“ ist bei mir positiv besetzt, früher hörte ich sehr viel Musik dieses Begriffs. Ungeachtet von Trends und Erfolgschancen macht man sein eigenes Ding – aber das auf einem gewissen Level.


Das Lektorat übernahm wieder Ilse Bub (es soll nichts ungeprüft raus!)

Zur Erstellung hatte ich fast kein neues Papier verwendet, es gab genug übrige Blöcke und Reste. Ihr unterstützt also auch nachhaltig erzeugte Literatur aus der Region :-) 
Das Buch kommt ebenfalls ohne Papier aus - es ist derzeit nur als eBook erhältlich. 

Mein Versprechen:
das komplette Honorar wird zu 100% in Kompensationsgüter fürs Erstellen der nächsten Werke verwendet. Na, ist das gelebte Nachhaltigkeit?

Das Cover ist ein Provisorium. Die Idee für ein besseres ist schon da, es fehlen nur noch geeignete Fotos.
Da ich nicht noch ein Jahr warten will, gibt es das Buch JETZT – und das Cover in einer Limited Edition. Ein Sommerbuch wie dieses sollte man nicht den Sommer über zurückhalten ...

Klappe, jetzt:
Vier junge Männer aus der Stadt feiern Junggesellenabschied, auf einer einsamen Hütte in den Tiroler Bergen. Die alte Geistergeschichte, die sich um das Haus rankt, nimmt immer mehr Gestalt an, bis einer von ihnen spurlos verschwindet. Können sie das Rätsel lösen und ihn finden? Die Spur führt sie tief in den Wald, in ein grünes Paradies. Sind sie bereit, ihr Abenteuer zu bestehen?

Ein kleines Buch über alte Werte, neue Perspektiven, das Zusammenleben von Geistern und Menschen, in einer Mischung aus Spannung, Belletristik und Humor.

Ja, es ist ein Buch mehr, das die Welt nicht braucht. Aber wer weiß, vielleicht findet man ein Stück von sich selbst darin?


Zum Einkaufswagen: 
http://www.amazon.de/Wildnis-Nr-50-Robert-K%C3%B6nigshausen-ebook/dp/B00KMOO1H2/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1401369630&sr=8-1&keywords=Wildnis+Nr.+50
 






LESEPROBE:

http://wortlaterne.blogspot.de/2014/05/leseprobe-wildnis-nr-50-roman.html

 




Rückmeldungen sind jederzeit willkommen. 
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!


Leseprobe "Wildnis Nr. 50", Roman










1
Heiß war mir an diesem Morgen, unerträglich heiß. Ich öffnete den Reißverschluss meines Schlafsacks, streckte ein Bein ins Freie, legte den Arm über meine Augen. Die Sonne brannte voll auf den Balkon und mir ins Gesicht. War es wirklich schon wieder Zeit aufzustehen? Hatten wir nicht eben noch gefeiert? Eine uralte Cosmic-Endlos-Mix-CD gehört, mitgejohlt, Bier und Schnaps getrunken, geraucht, Sterne und Fledermäuse beobachtet, gealbert und gekichert, sind lachend vom Stuhl gekippt, durchs Haus gestolpert? Wir fühlten uns unsagbar frei und unbeschwert, der Alltag lag hinter den sieben Bergen. Ich hätte Bäume ausreißen können vor lauter Hochgefühl. Den drei anderen ging es ebenso, sie waren nicht zu bremsen gewesen. Mein Mund schmeckte nach Tod und Verwesung, das kam davon, und mein Kopf fühlte sich schwer an. Ich wälzte mich hin und her, um das Unbehagen zu zerstreuen, sah auf meine Uhr und brauchte eine Weile meine Gedanken hochzufahren. Sieben Uhr morgens, die Sonne brannte rein.
Ich sah hinüber zu Chris. Auch er hatte seinen Schlafsack geöffnet, den Arm über die Augen und murrte vor sich hin. Es wurde immer heller und heißer auf dem Balkon. Nicht auszuhalten! Schlaftrunken entstieg ich meinem Nachtlager, zog mich am Balkongeländer hoch, schwankte verschlafen durch den Gang des ersten Stocks, rannte mir sogleich den Kopf am Türstock an. Oh, wie das schmerzte! Ich hielt kurz inne, damit sich meine Augen an die Düsternis gewöhnen konnten.
Benommen wie ich noch war, musste ich mich auf die Treppe konzentrieren. Sie führte steil nach unten, die Stufen bestanden nur aus dünnen Brettern. Oft genug rutschte ich ein paar Stufen weiter und flog hin.
Ich öffnete die alte Küchentür und trat ein. Diesmal dachte ich daran den Kopf einzuziehen. Die Leute waren früher einfach viel kleiner!
Geruch von Qualm, Moder und Essensresten schlug mir entgegen. Mühsam öffnete ich die Klemmen der Fenster, oben und unten, drehte den Griff, öffnete beide Innenfenster, danach beide Außenfenster.
Meinen Brand löschte ich mit Leitungswasser, das hier frisch aus der Sammelgrube am Berg kam. Tat das gut!
Es war eine Wohltat in der Küche zu stehen, denn diese war noch einigermaßen kühl. Mittelpunkt war ein alter Herd, aus Gusseisen, mit Feuer betrieben, verstellbaren Luken und einem Rohr für den Rauchabzug, daneben der Holzvorrat. In einer alten Anrichte war das Geschirr des Hauses. Die Fläche des Tischs aus grauem Kunststoff war bereits von Messerspuren zerfurcht, vor dem Küchenfenster aus weißem Holz glänzten Spinnweben im Morgenlicht. Davor warteten alte Stämme zu Brennholz verarbeitet zu werden und Brennnesseln auf Kompost, der ihnen aus der Küche entgegen flog. Dahinter breitete sich ein spektakuläres Panorama aus leuchtenden Bergspitzen und dunklen Wäldern aus.

Auf den knarzenden Brettern über mir hörte ich Schritte im oberen Gang. Da fiel einer mehr die Treppe herunter als zu gehen. Chris vergaß, dass er größer war als die alten Bergbauern, und rannte seinen Kopf am Türstock an. Fluchend und lachend zugleich trudelte er herein. Auch er trank gierig Wasser.

Es war Bernds Junggesellenabschied. Wir wollten ein paar Tage auf eine Hütte, wie wir als Jugendliche öfters unsere Ferien verbracht hatten. Das waren mit die schönsten Erinnerungen. Doch mit Freundinnen wurden diese Ferien immer weniger. Die Mädchen wollten an den Strand, oder sonst wohin, nur mit ihrem Schatz. Bernds anstehende Hochzeit war die einzigartige Gelegenheit für eine letzte gemeinsame Freizeit. Und dieses Haus war für unsere jungen Frauen ohnehin unannehmbar: Weder Dusche noch Waschgelegenheit, außer dem kalten Gebirgsbach, kein warmes Wasser, kein Strom.
Da wir uns auf keine bisherige Lieblingshütte einigen konnten, suchte ich im Internet nach einem neuen Haus. Wobei dieses Haus in Tirol nur über ein paar Ecken zu finden und nur nach einem persönlichen Besuch zu buchen war. Ich verbuchte es als Meisterstück meiner Spürnase. Chris und ich buchten und zahlten den Aufenthalt vor Ort.
Er war mehr der zupackende Typ - Bier tragen, Holz hacken, coole Sprüche ablassen, das war seine Welt.
Ich musste alles notieren. Wer welchen Schlüssel hatte, was zu beachten war, wer früher einmal wen umbringen wollte in dieser Region - denn um ein solches Haus musste sich natürlich eine Legende ranken.
Glaubt man dieser Legende, lebte hier vor hundert Jahren ein Wilderer, den sie den „Bachhias“ nannten. Er schoss mit Vorliebe Hirschen und war gerissen genug, dem Förster stets zu entwischen. Immer wenn dieser Schüsse hörte und dem  Bachhias den Heimweg abschnitt, hatte dieser nichts bei sich, weder Hirsch, noch Gewehr. Beides hatte er immer in einer Höhle hinter einem Wasserfall versteckt, holte alles erst heim, wenn er unbeobachtet war.
Hilflos und schäumend vor Wut griff der Förster zur Hinterlist. Auf seinem Heimweg vom Wasserfall musste der Bachhias über eine Brücke – und eben diese sägte der Förster eines Tages an. So geschickt, dass sie den Hias alleine zwar noch trug, mit Hirsch auf den Schultern brach sie jedoch. Der Hias stürzte acht Meter in die Tiefe. Der Bach ist an dieser Stelle ziemlich seicht, ein nicht mehr lesbares Wegkreuz erinnert an einen dort Verunglückten. Natürlich will sich der Bachhias heute noch rächen und geistert umher.

Mit langsamen Bewegungen schichteten wir zerknülltes Zeitungspapier und dünne Holzstückchen in den Herd. Wir zerknüllten die Zeitung, welche Chris sich gestern gekauft hatte, nicht ohne sie vorher nochmals zu überfliegen. Ich hielt die Sportseite in der Hand. „Sport ist Mord“ meinte Chris, also konnte ich die Seite getrost einheizen. Er fragte mich nach meinem Sternzeichen, um mir mein Horoskop vorzulesen.

„... Jupiter verleiht ihnen zusätzliche Kraft um aufgeschobene Probleme endlich anzupacken. Eine neue Bekanntschaft könnte ihr Leben bereichern.“

„Wen soll ich hier schon kennenlernen?“ fragte ich verblüfft. „Außer ein paar Fledermäusen und Grashüpfern kommt hier nichts vorbei.“ Chris meinte, er hätte in der Nacht Bekanntschaft mit den Hausmäusen gemacht, welche seine Zigarettenschachtel anknabberten. Also hat das Horoskop recht. Ich zündete das Holz im Herd an, er sich eine Zigarette. Ich setzte Wasser auf, suchte Kaffee, Kanne und Filter zusammen. Er suchte Essbares in der Speisekammer.
Das Wasser brauchte ewig bis es heiß wurde. Ich legte Holz nach, wedelte mit einem Stück Pappe vor der Luke herum, aber das brachte nicht viel.

Wir traten ins Freie, um auf den Balkon hoch zu schauen. Die anderen zogen sich gerade an oder suchten ihre Sachen zusammen.
Neben der Eingangstür war das Schild mit der Hausnummer angebracht. Der Name der Gemeinde stand klein darauf, darunter groß die Nummer des Hauses: 50. Kein Straßenname oder Zusatz. „Wildnis, Haus 50“, dachte ich bei mir.

Im Gebüsch raschelte es. Eine Mountain-Bikerin bahnte sich Weg über den engen, halsbrecherischen Wanderweg, welcher durch Dickicht auf unser Haus zuführte und nicht mehr genutzt wurde. Teilweise lagen morsche Bretter auf dem Weg, damit man bei Regen nicht wegrutschte. Sie musste ihr Fahrrad schieben, da zudem große Steine im Weg lagen. Dort oben musste ein alter Forstweg existieren, der vor etwa 20 Jahren bei heftigem Regen weggespült wurde. Wir wunderten uns, dass sie nicht den neuen Forstweg genommen hatte, der direkt an unserem Haus vorbei führte und den alle normalen Mountain-Biker nahmen.
Eine hübsche, schwarzhaarige junge Frau stand vor uns. Sie strahlte übers ganze Gesicht, als sie uns mit leuchtenden Augen nach dem Weg zum Sonnwendjoch fragte. Chris musterte sie grinsend und zog an seiner Zigarette. „Warum willst du überhaupt weiter?“
„Bist du die Bekanntschaft aus meinem Horoskop?“, wollte ich wissen. 
Sie meinte, sie wäre das falsche Sternzeichen und hätte sich nur verfahren.
„Den großen Forstweg in diese Richtung“ meinte Chris, um die Situation zu retten. „Dann kommt irgendwann eine Gabelung, da musst du dich rechts halten. Eigentlich kann man sich hier auch gar nicht verfahren.“ Dankend fuhr sie los.

Während das Wasser nur sehr langsam warm wurde, blätterte ich in den alten Zeitungen vor dem Herd. Der alte Artikel von 1994 verriet mir, was am zweiten Juli passierte.
Wie jeden anderen Tag auch wurden allein an diesem Tag 55.000 Hektar Tropenwald vernichtet, starben 100 bis 200 Tier- und Pflanzenarten aus, nahm das verfügbare Ackerland um 20.000 Hektar ab, wurden 220.000 Tonnen Fisch gefangen, belasteten 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid die Atmosphäre. Die Natur bräuchte 14 Monate, um zu ersetzen, was wir in 12 Monaten verbrauchen.
Mir verging noch mehr die Lust, jemals wieder in neinen Alltag zurückzukehren und diesen Lauf der Dinge zu unterstützen. Doch hier schien das alles ganz weit weg zu sein. Die Morgensonne und das atemberaubende Panorama lockten mich ans Fenster.
Endlich kochte das Wasser, ich konnte mit einer riesigen Schöpfkelle das Wasser in den Filter kippen. Es roch schon nach Kaffee.

Wir saßen mittlerweile vollzählig im Freien am Frühstückstisch. Frank fragte sich, ob er Milch oder Rum in seinen Kaffee tun sollte. Er war eher der Mann fürs Grobe.
Bernd schmierte sich ein Brot und wollte wissen, wer oder was heute Früh schon vorbeikam. Chris meint trocken: „Die Frau des Jahrhunderts kam heute schon vorbei. Sie wollte wissen, ob ich noch zu haben bin.“
Frank hustete seinen letzten Schluck wieder aus und wurde schlagartig wach: „Warum habt ihr sie nicht gleich zum Frühstück eingeladen?“
Chris zog die Schultern hoch: „Zu welchem Frühstück denn?“
Ungläubig schaute Frank zu mir. Ich meinte nur „Sie liest das falsche Horoskop“, und widmete mich wieder meinem Frühstück.
Ein uralter Benz fuhr auf dem Forstweg bergab. Auf der Höhe vor unserer Hütte blieb er stehen. Wir kauten langsamer, um diese Szene gespannt und aufmerksam verfolgen zu können. Leider hörten wir nichts außer dem Motor des Benz und dem Rauschen des Bachs, konnten auch kein Gesicht erkennen. Der Fahrer stieg aus, öffnete die Hintertür, zog eine Flinte heraus, verstaute sie am Beifahrersitz, stieg wieder ein und brauste davon. Was blieb, war eine Staubfahne, sowie unsere ratlosen Gesichter.

„Was war denn das?“, fragte Bernd sichtlich verwundert.
Chris meinte: „Nach Ausflug sah das nicht gerade aus.“
Frank hatte sich für die Milch entschieden und plapperte in die ratlose Stille hinein: „Das war unser Freund Matthias Bach. Er hat das Leben in der Wildnis satt, jetzt fährt er ins Dorf, um sein Erspartes durchzubringen. Oder um Karriere zu machen.“
Bernd wunderte sich: „Ich dachte, der Bachhias kommt nur in der Nacht, um arglose Städter zu erschrecken.“
Chris erklärte es ihm ganz nüchtern: „Die Legenden sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.“
Frank munkelte: „Oder das war der Förster, auf seinem Weg, den Hias zu richten. Und wir sind die Nächsten, weil wir schon zu viel wissen.“




2
Frank und ich trugen Essen und Geschirr nach drinnen. Er hatte Wasser für den Abwasch aufgesetzt, fing gelangweilt an zu spülen.
Chris und Bernd diskutierten angeregt in der Stube. Sie konnten sich nicht einigen, kamen zu uns in die Küche gestolpert.
„Das Geweih in der Stube: Hing es gestern an der Wand, oder nicht?“
„Welches Geweih?“, wunderte ich mich.
Wir hasteten in die Stube um es uns anzusehen.
„Da ist ja echt eins“, staunte ich, als ich einen kleinen Schädel mit einem mickrigen Geweih sah. Sie hingen öfter in Restaurants oder Wohnzimmern, nichts Besonderes. Dieses hier lehnte auf der Sitzbank.
„Das hing!“, war Frank sich sicher.
Wir schauten ratlos drein. „Was machen wir jetzt?“
„Wir hängen‘s auf“, schlug Frank vor. „Dann wissen wir, dass es hängt.“
„Und wir schlagen den Nagel selber ein!“ Chris öffnete das Vorhängeschloss zur Werkstatt gegenüber und suchte sein Zeug zusammen.
Wir folgten, denn diesen Raum hatten wir nur flüchtig angeschaut. Er roch nach Arbeiten wie Holz hacken. Rostige Nägel waren in der Schublade einer alten Anrichte. Auf ihr lagen zwei vergilbte Zettel. Der eine mit der Zeichnung eines Wasserfalls, der andere mit einem Lageplan. Verwundert brabbelten wir durcheinander, bis klar wurde, was zu tun war.
„Eine Schatzkarte?“
„Wir schauen da hin!“
„Die alten Plan mitnehmen?“
„Nein, wir zeichnen sie ab. Sie bröselt schon fast.“
„Vielleicht ist was mit Geheimtinte darauf geschrieben?“
„Du meinst, wir halten sie über eine Flamme, damit sie uns wegbrennen?“
„So machen das die Helden in ihren Filmen.“
„Nein, wir fackeln sie nicht ab. Zuerst schauen wir uns den Ort an.“
„Genau!“
„Sven ist der Talentierteste für solche Sachen“, meinte Chris an mich gerichtet. 
Ich zeichnete die Pläne in meinen Block und machte zwei Kopien, zum mitnehmen. Chris knipste sie mit seinem Handy. Über das Alter der Dokumente wurden wir uns nicht einig. Weißes Briefpapier, mit Tusche bekritzelt und am vergilben - es konnte 50 oder 150 Jahre alt sein.
Frank dachte als einziger an die Arbeit, schlug einen der rostigen Nägel in der Stube an die Holzwand, und hing das Geweih auf.
Dann schwärmten wir aus um zu packen. Diesmal war es Bernds Kopf, der an einen Türstock schlug. Was brauchten wir? Seilzeug zum Bergsteigen? Lassen wir da, wir schauen nur mal. Badehose? Ja! Machete? Nicht vorhanden. Axt? Zu schwer.
Frank und Chris schlossen alle Fenster und Türen. Auf den restlichen Abwasch hatte keiner mehr Lust.
Die Stimme gehörte zu Frank: „Aua, blöde Balken!“
Ich kam mir „overdressed“ vor mit meinem Rucksack, mit Wanderkarte, Kopien der Schatzkarte, Ersatzwäsche und Getränk. Chris hatte seine Badesachen in einer Plastiktüte, Frank nur ein Handtuch auf der Schulter.

Fasziniert starrte Bernd von schräg links und dann von schräg rechts auf den Boden. „Das müsst ihr euch ansehen!“ rief er uns zu. Wir eilten herbei, konnten jedoch nichts erkennen. Langsam deutete er mit dem Finger darauf, noch immer erkannten wir nichts. „Ein ganz kleines Tier krabbelt da, mit einem Greifarm, wie ein Krebs etwa. Er ist nicht länger als zwei bis drei Millimeter“ erklärte er uns die Sensation. Jetzt sah ich den Krebs auch. Ganz zart und fein war er, krabbelte, blieb stehen und fuchtelte mit seinem Greifarm herum, als wollte er nach uns schnappen. Nach etwa drei Minuten schwand unser Interesse an ihm und wir brachen auf.
Wir stoppten, als eine riesige Mücke an uns vorbeischwirrte. Ihr Körper war circa zwei Zentimeter lang, nach hinten zog sie Beine mit drei Zentimetern Länge nach, welche schlaff in der Luft hingen. Mit einem tiefen Brummen sauste sie vorüber, stumm und verwundert schauen wir ihr nach.
„Das volle Refugium hier.“
„Für alle möglichen bedrohten Arten.“
„Ist jemand von euch auch vom Aussterben bedroht?“
„Ja, ich!“, meldete sich Chris. „Ich arbeite mit meinen Händen. Das ist heutzutage selten.“

Die Luft flirrte als wir behäbig den Weg bergauf antraten. Umgehend rann mir Schweiß von der Stirn. Nach ein paar Minuten waren wir vor einer Schutzhütte angelangt. Vor ihr stand ein Brunnen - ein ausgeschnitzter Baumstamm, in den ständig frisches Wasser aus einem hölzernen Hals fiel und nach hinten durch eine Kerbe herauslief und den Hügel hinab plätscherte. Von Zeit zu Zeit setzte der Strahl aus, um kurz darauf mit einem Schwall wieder einzusetzen.
Das Innere der Schutzhütte war ein kleiner Raum, mit vier schmalen Liegeplätzen, ein paar Tütchen Astronautennahrung, Verbandszeug, Rettungsdecken und Infomaterial. Seltsamerweise stand an der Wand eine alte Standuhr, die eines Tages um halb vier stehen geblieben war. Frank öffnete den Kasten und pfiff durch die Zähne. Eine alte Flinte lehnte darin. Auf den dunklen Holzschaft war ein Blech eingelassen, mit dem Bild eines stolzen Hirschen.
„Von so einer Büchse hat der Vermieter erzählt“, murmelte ich.
„Der hat viel erzählt ...“
„Und hier reinzustolpern ist nicht schwer. Noch sind wir auf dem Forstweg.“
„Vielleicht ist es seine eigene. Und mit der Geister-Story will er, dass wir die Finger davon lassen?“
„Von der Büchse lasse ich wirklich die Finger“, erwiderte Chris. „Vielleicht ist sie geladen. Und der Schuss löst sich versehentlich, und geht mir ins Gesicht, weil der Lauf schon so verrostet ist. Das gibt nur Ärger!“
Unschlüssig traten wir ins Freie, die Sonne schmerzte in den Augen.
Weiter ging es bergauf, vorbei an einer wilden Wiese. Zwischen hohem Gras wuchsen wilde Blumen aller Farben, Bienen sammelten fleißig Nektar, Schmetterlinge flatterten lautlos darüber hinweg. Gerüche der verschiedenen Blumen stiegen uns in die Nase und die Sonne brannte gnadenlos auf uns herab. Frank rückte seine Sonnenbrille zurecht, ich zog meine Kappe tiefer ins Gesicht. Schweigend stapften wir voran, während uns der Schweiß von der Stirn lief. Der Weg führte nun durch Wald, der uns Schatten spendete. Rechts und links des Weges erstreckten sich Bäume soweit man sehen konnte. Sie bildeten ein Dach aus Nadeln und Blättern, das nur wenige Sonnenstrahlen durchließ. Richtig finster kam es mir vor. Am Boden wuchsen Sträucher und junge Laubbäume, die froh waren ein paar Sonnenstrahlen zu erheischen. Manchmal wuchsen Heidelbeersträucher am Waldboden, teilweise auch Moos, größtenteils bestand der Boden aus Reisig und alten Ästen. Das Rauschen des Baches begleitete uns allgegenwärtig.

Ein weiteres Stück bergauf und eine Biegung um einen moosbewachsenen Felsen, standen wir vor der Brücke. D-e-r Brücke über d-e-n Bach.
Auf einer Länge von etwa sechs Metern überspannte sie einen Abgrund. Die Brücke war eine solide Stahlkonstruktion, deren breiter Bretterboden selbst Autos trug. Zu beiden Seiten war sie mit einem stabilen Geländer gesichert. Über dieses Geländer gebeugt sah man die Felswände senkrecht in eine Tiefe von acht Metern abfallen. Der Bach unten war breit und nicht sonderlich tief, viele große und spitze Steine ragten dort hervor. Vor hundert Jahren führte hier bereits eine Brücke über den Bach, von welcher der Sage nach der Bachhias zu Tode stürzte.
Nach ein paar Minuten trennten wir uns von dem schaurig schönen Anblick des Baches. Ehrfurchtsvoll schritten wir zum gegenüberliegenden Ufer. Dort stand ein altes Wegkreuz, welches an einen hier Verunglückten erinnerte. Eine hohe, schmale Steintafel trug ein verschnörkeltes, gusseisernes Kreuz. Auf der Steintafel erkannte man noch das Symbol eines Dreiecks, welches goldene Strahlen aussendet und den dreifaltigen Gott darstellen sollte. Die Inschrift war stark verwittert und nur bruchstückhaft zu entziffern. Ich las die wenigen erkennbaren Worte „In Gedenken an ... der hier am 25. März 18.. ... stürzte.“ Kein Zweifel also, dass sich der Bach an diesem Ort bereits ein Opfer geholt hatte.
An diesem Wegkreuz bogen wir ab, auf einen schmalen Trampelpfad, der erst auf den zweiten Blick erkennbar wurde und immer scharf am Bach entlang führte. Anfangs ging es noch über frisches Gras, an vermoosten Felsen vorbei. Zur rechten ging es fast senkrecht bis zum Bach hinunter. Doch die alte Karte schickte uns eindeutig diesen Trampelpfad am Abgrund entlang.
    Wir wandelten mittlerweile durch einen Birkenwald. Rundum standen weiße, schlanke Baumstämme; helle Blätter bildeten ein ausladendes Dach. Auf dem Boden wuchs kurzes Gras und dickes Moos. Der Ruf eines Kuckucks und das Rauschen des Baches begleiteten uns.
Auf einmal war der Pfad unterbrochen, ein Sturzbach hatte ihn auf einer Breite von zwei Metern weggeschwemmt. Ich hielt kurz inne bevor ich in das steile, trockene Bachbett sprang. Sofort lief ich zwei Schritte, um an seinem anderen Ende hochzuspringen. Fast einen Meter lag die Kante über der Furche, bestand aus Lehm und Waldboden – ich musste also gleich weiter, um nicht abzurutschen. Und das bei diesen Außentemperaturen! „Jetzt werde ich aber alt“, dachte ich bei mir, als mir der Schweiß zu laufen begann, „früher war das ein Klacks.“ Es beruhigte mich zu sehen, wie den Drei ebenfalls Schweiß im Gesicht stand.
Weiter ging es durch den Wald. Kleine Laubbäume hingen ihre Äste über den Weg. Ein umgestürzter Baumstamm war über und über mit Pilzen bewachsen. Lang und schmal zogen sie sich im Halbrund längs des Baumstamms hin. Mit ihrer hellgelben bis hellbraunen Farbe konnte man sie für Eiter oder Blasen des Baumes halten. So diente
ein abgestorbener Baum als Grundlage neuen Lebens.
Auf dem Waldboden wuchsen Moos und Farne. Schmale, gezackte Farnblätter reichten uns bis an die Knie. Ein umgestürzter Baumstamm lag quer über unseren Weg. Der Stamm war völlig vermoost. Drei seiner Äste hatten beschlossen, als eigenständige Bäume weiter zu leben und den alten Stamm als Wurzel zu nutzen. Stolz ragten sie zwei Meter in die Höhe, verästelten sich und trugen ein eigenes Blätterdach. So diente auch dieser alte Stamm als Grundlage neuen Lebens.

Wir waren fast an unserem Ziel angelangt. Durch das Blätterdach sah ich schon den Wasserfall. Ja, hier ließ es sich vorzüglich baden! Doch zuerst mussten wir hinabklettern, da unser Pfad drei Meter höher lag. Auf Kies führte der Zugang ziemlich steil hinab. Den einzigen Halt fand man an zwei Bäumen, an deren Ästen man sich festhalten und langsam hinab hangeln konnte. Noch einmal wurden meine Konzentration und meine Kraft gefordert. Wir waren angekommen, stapften über den groben Kies am Bachufer und setzten uns auf die großen Steine. Überwältigt bewunderten wir den Wasserfall und dieses phantastische Stückchen Erde. Vor uns lag ein Wasserbecken von etwa fünf Metern Durchmesser und drei Metern Tiefe, gespeist von einem hohen Wasserfall; gehalten von einer Schwelle, über welche der Bach nur dünn weiterfloss; umringt von bewaldeten Hängen und einer schotterigen Landzunge, auf welcher wir uns ausbreiteten. Ein paar kleine Felsen und ein umgestürzter Baum boten sich als Sitz– und Liegeplätze an. Die Sonnenstrahlen verfingen sich im Wasserfall, welcher glitzernd hinabfiel.
Das Wasser lockte uns. Es tat unheimlich gut sich zu erfrischen und den Schweiß abzuwaschen. Hier unten war es endlich einigermaßen kühl. Nach dem Auftauchen sah ich mich um. Vor mir ragten große Felsblöcke auf, in deren Mitte der Wasserfall herabstürzt. Hinter diesem Wasserfall tat sich, der Sage nach, eine Nische oder kleine Höhle auf. Dort versteckte der Bachhias seine Flinte und seine Beute.
Das weckte natürlich unsere Neugier. Einer nach dem anderen versuchte unter dem Wasserfall durchzuschwimmen, doch es ging nicht. Gegen den Strahl gab es kein Ankommen. Auch nicht, wenn drei von hinten anschoben.
Wie kam der Hias dahinter? Wir sahen uns genau um. Links am Fels führte so etwas wie ein Vorsprung entlang, endete jedoch zwei Meter vor dem Wasserfall. Auf der gegenüberliegenden Seite fiel der Fels glatt ab. Also ging es nur von links, wo auch der Trampelpfad herkam. Und „heim“ mussten wir über die Brücke. Das Bild passte.
„Räuberleiter?“ Chris schwamm an den Fels heran, versuchte sich irgendwie festzuhalten. „Zwei Mann zu mir! Bernd ist der Leichteste, er geht auf unseren Händen!“
Langsam tastete sich Bernd am Vorsprung entlang, oft genug nur mit dem großen Zeh auf dem Vorsprung, versuchte er sich wie ein Freeclimber am Fels zu halten. Wir hatten genug zu tun gegen die Strömung anzuschwimmen, uns irgendwo festzuhalten und eine Hand hochzubringen. Sein Fuß drückte mich unter Wasser, ich hielt ihn dennoch oben. Als sein Gewicht wich, tauchte ich auf, hörte ihn ins Wasser platschen.
Zweiter Versuch. Wieder das Gleiche. Dritter Versuch. Ich blieb oben, sah ihn auf den Strahl zu pendeln, dort abprallen und wiederum baden gehen.
Frank versuchte sich darin, unten durchzutauchen. Ungelenk zappelte er im Wasser herum. Mit dem Kopf voran wollte er nicht los, da wir die Beschaffenheit des Felsens nicht erkennen konnten. Wie eine Krabbe ruderte er unter dem Fall durch, stieß einen erstaunten Grunzlaut aus und wurde runtergespült, der Schwall drückte seinen Kopf nach hinten ins Wasser. „Da ist `ne Höhle!“, keuchte er. Ohne Ausrüstung hatten wir keine Chance.
Wir gaben auf, legten uns auf große Steine oder auf den Baumstamm. In der warmen Luft trockneten wir schnell. Sonne kam hier nicht herein, wir waren in einer Senke, von Hügeln und hohen Bäumen umringt.
„Ich habe mein Seilzeug im Haus“, meinte Bernd, ratlos wie es sich einsetzen ließ.
Langsam stand Frank auf. Er zeigte nach oben. „Ich geh mal da hoch. Kommt wer mit?“
Wir kamen alle mit, wateten durch den Bach, an der Schwelle war er breit und seicht und hielt das meiste Wasser im Becken. Wir zogen die Schuhe wieder an, stiegen den Hügel hoch. Dann waren wir da, über unserem Schwimmbecken, über dem Wasserfall. Man sah nicht hinter den Fall. Wir hockten uns auf einen Baumstamm und überlegten. Der Bach stellte eine Schneise im Wald dar, war gesäumt von Felsen, Gras, Moos. Erst fünf Meter weiter standen Bäume. Und ein einziger stand näher, war aber umgesägt, wir saßen darauf.
„Das Seil wetzt an den Felsen und reißt“, meinte Bernd enttäuscht.
„Der einzige nutzbare Baum ist umgesägt. Seltsam, hm?“ Lange fiel uns nichts ein.
Dann dachte Chris laut. „Wir denken mit dem Seil nur von oben nach unten. Was ist, wenn wir es von links nach rechts spannen?“
Bernd verstand: „Entlang des Vorsprungs, den ich gegangen bin!“
„Genau!“
„Und wo wollt ihr es festbinden?“
„An dem Baum hier“, führte Bernd aus und meinte den nächsten Baum hier oben, „Und an einem auf der anderen Seite der Bucht. Dann klinke ich mich mit einem zweiten Seil dort ein, um mich zu sichern, und bewege mich am Vorsprung entlang. Und kann mich wie Tarzan durch den Wasserfall schwingen!“

Wir hatten einen Plan, und das war das Wichtigste. Damit konnten wir zurück zu unseren Sachen, herumliegen, faulenzen und die Natur genießen.
„So stelle ich mir das Paradies vor“ schwärmte Bernd. „Was will man da noch in die Karibik?“
Chris fiel ein Grund für die Karibik ein: „Da gäb’s mal was Anderes zu trinken als das ewige Bier.“ Er rückte seine Sonnenbrille zurecht.
„Ja, ich kann’s auch schon nicht mehr sehen“ pflichtete ich ihm bei.

Eine Stunde später traten wir den Heimweg an. Das schwerste Stück lag gleich zu Beginn vor uns. Die ersten drei Meter ging es steil nach oben, ohne einen Absatz dazwischen. Frank ging mutig voran, hechtete dem ersten Ast entgegen, zog sich mühsam und schwerfällig daran nach oben. „Sorry, aber das muss jetzt sein!“ richtete er seine Worte in Richtung des Baumes. Damit überraschte er uns. Wir folgten ihm der Reihe nach. Wiederum wurde meine ganze Kraft und Konzentration gefordert. Es war viel schwieriger und Kräfte zehrender als ich dachte.
Vorbei ging es an moosigen Waldböden, am Baum-Ensemble, wo seltsamerweise die drei Äste auf ihrem alten Stamm als eigene Bäume weiter wuchsen, an großen Farnen, durch das Bett des Sturzbaches. Durchatmen konnten wir auf dem Weg durch das Birkenwäldchen.
„Jetzt könnte eigentlich der Benz wieder kommen“ schlug Bernd vor.
„Ja genau! Dann würden wir endlich mal das Gesicht von dem Typen sehen!“
„Und wir könnten ihn fragen, was hier eigentlich los ist!“, wünschte sich Frank.

Samstag, 11. Januar 2014

Danke an die Leser

Ein großes und herzliches Dankeschön geht an alle Leser der Wortlaterne und meiner kleinen Werke! 

Die Gratis-Aktion für "Geisterbräute Heute" brachte über 140 Leser, seitdem verkauft sich das eBook auch regulär, und das nicht schlecht, wie ich finde.
Vielen Dank!





Für Rückmeldungen jeder Art habe ich immer ein offenes Ohr. Als Kommentar zu diesem Artikel, als Rezension, per E-Mail, facebook, oder bei einem der nächsten Auftritte mit PUNKTUM. 

Und was mache ich mit der ganzen Kohle? 
Das ist eh nicht viel. Und das bisschen gebe ich vollständig für Kompensationsgüter aus, während ich an den nächsten Ideen kritzle ... 


Die Gratis-Aktion für "Nächste Ausfahrt: Nebelende" brachte übrigens auch über 140 Leser. Ich hoffe, das Werk hat euch ein wenig Lesevergnügen bereitet. 

Die Kurzromane habe ich übrigens im Preis gesenkt, auf das (neue) Minimum von 0,89 EUR. 

Als kleines Dankeschön gibt es am Sonntag den 12.01.2014 "Rasthof des Jahres" gratis zum Download: 
http://www.amazon.de/Rasthof-Jahres-Robert-K%C3%B6nigshausen-ebook/dp/B00F1F7QQA/ref=sr_1_4?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1389423538&sr=1-4

Viel Spaß mit der Lektüre! 




...



Donnerstag, 5. Dezember 2013

Neues E-Book "Nächste Ausfahrt: Nebelende"

Vor 3 Jahren ergaben sich wunderbare Synergien mit der talentierten Babs. Und so wurde aus einer alten Story-Idee, einem Fragment nur, eine herrlich vielschichtige Geschichte „über Alles“.

Eine Reise durch die Nacht, die mit einem handfesten Krach beginnt, und mit – na, das wollen wir nicht verraten.
Geschrieben aus 2 unterschiedlichen Perspektiven, von einem Mann und einer Frau. Eigentlich ist alles ganz einfach, wenn man erst mal weiß, wie der Andere tickt.

Wenn man so anfängt, wie Babs hier, darf man wirklich gespannt sein, was da noch Alles kommt! Das war ja nur zum Warmschreiben …

Diese herrliche Geschichte gibt es für den Kindle. Und zwar hier:
http://www.amazon.de/N%C3%A4chste-Ausfahrt-Nebelende-Barbara-Bichler-ebook/dp/B00H15CB68/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1386270233&sr=8-1&keywords=n%C3%A4chste+ausfahrt+nebelende 
 

Und wenn es euch gefällt, lasst es uns doch einfach wissen. Uns würde es riesig freuen.


Ach ja: das Cover stammt wieder vom Grafik-Atelier meines Vertrauens: 
http://www.st-koenigshausen.de/

http://st-koenigshausen.blogspot.de/


Sonntag, 8. September 2013

Neuer Kurzroman: Rasthof des Jahres


Ein Buch mehr, das die Welt nicht braucht? Immerhin sieht er’s ein!
Halbwegs heiter? Und dann noch der Titel! Viel zu dick aufgetragen! Na servus ...


"Rasthof des Jahres"
(halbwegs heiterer Kurzroman)
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Die Idee kam vor zwei Jahren. In einer Autobahnraststätte sitzen die unterschiedlichsten Leute in einem Raum, die sonst nie zusammenkommen würden. Daraus muss man doch was machen können ...

Fahrt nahm es auf, nachdem ich dieses Jahr in der Schweiz und im Breisgau unterwegs war http://wortlaterne.blogspot.de/2013/06/reisebericht-schweiz-liechtenstein.html
Die schwarzhaarige Bardame arbeitet übrigens in Lindau, über den Hubschraubereinsatz an der A5 hatte ich im Reisebericht erzählt, der Putztrupp im dunklen Kellerraum war vor Jahren an einem anderen Rasthof an der A5. 

Und ein "Trucker namens Zombie" kam mir abends im Regensburger Hafen über den Weg.

Die erste Idee war, den Hubschraubereinsatz 7x zu erzählen, aus 7 verschiedenen Perspektiven. Klingt nicht schlecht? Wird aber schwer ...

Also entschloss ich mich, wie zuvor Malcolm Lowry, die Überleitung zum jeweils nächsten Kapitel schon einzubauen. Nach nur 3 Monaten war es fertig geschrieben, überarbeitet, gegengelesen, korrigiert. Und aus „Rasthof des Grauens“ (=Arbeitstitel) wurde der „Rasthof des Jahres“.
Das Cover hab’ ich zur Abwechslung selber gebastelt – so richtig mit ausdrucken, Symbole selber malen (wegen Copyrights), kleben, schnippeln, nächste Lage kleben, einscannen.

Halbwegs heiter? Das hängt vom Standpunkt ab. Wer meint „so isses wirklich!“, findet’s wohl eher ,halbwegs‘ denn ,heiter‘. Wer gerne andere Leute beobachtet, kann sich bestimmt amüsieren ...

Zumindest is es leichter zu lesen als alles Bisherige - und das ist doch mal was! 



Die erste Rezension (4 Sterne) stammt von meinem Namensvetter - den ich aber nicht persönlich kenne. (Sie stammt wirklich nicht von mir - denn mich selbst rezensieren mache ich aus Prinzip nicht).
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Klappe, jetzt: 


Unnötig wie ein Rasthof, wenn man gerade keinen braucht. Halbwegs heiter, ein bisschen nachdenklich, leicht zu lesen - perfekt für öde Stunden im Stau. Ein Buch mehr, das die Welt nicht braucht.

Der Rest klingt nach Alltag in einer x-beliebigen Firma: Schnattertanten halten den Betrieb auf, die Fleißigen verlieren die Lust, und das große Geld wird in der Familie verteilt. Wäre da nicht der Rettungshubschrauber - es würde immer so weitergehen. 


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Erhältlich ist das Büchlein auf amazon: 
http://www.amazon.de/Rasthof-des-Jahres-ebook/dp/B00F1F7QQA/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1378620158&sr=8-1&keywords=rasthof+des+jahres




Leseprobe (Link zu weiter unten): 
http://wortlaterne.blogspot.de/2013/09/leseprobe-rasthof-des-jahres.html







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Samstag, 7. September 2013

Leseprobe "Rasthof des Jahres"

Leseprobe "Rasthof des Jahres"
Halbwegs heiterer Kurzroman

1
Im Kessel mit der Milch zischt und brodelt es, die Schaumkrone ist fertig. Routiniert verziert Natascha damit zwei Tassen Cappuccino, pudert Kakao darauf, platziert Keks und Löffel auf den Untertassen und stellt die Tassen aufs Tablett. „Bitte sehr, lassen Sie sich‘s schmecken!“ Das kann sie schon richtig gut.
Natascha versteht fast alles, und findet immer eine Antwort. Die Standardsätze kommen ihr schon akzentfrei über die Lippen. Wenn sie frei reden muss, kann sie ihren russischen Akzent nicht vermeiden. Doch eines Tages würde ihr deutsch perfekt sein, zumindest arbeitet sie  täglich daran.
„Bitte?“ Der nächste Gast ist dran.
„Einen doppelten Espresso bitte.“
Sie fragt sich, ob sie den Schweiß des Mannes riechen kann, oder sich das nur einbildet. Drückende Hitze hat heute das Land im Griff. Aber mit dem Anblick von Männern in kurzen Hosen und nackten Füßen in Flip-Flops wird sie sich nie anfreunden. Haben deutsche Männer denn gar kein Gefühl für Stil?
Doch sie sagt nur: „Zwei Euro dreißig bitte. Wollen Sie etwas Wasser dazu?“ Schon wechselt sie den lapprigen Geldschein, klopft das Sieb aus und brüht das bestellte Getränk.
Im Chrom der Kaffeemaschine checkt sie ihr Aussehen. Klammern halten ihr schwarzes Haar in Form, das Dienstkleid sitzt, und ihr Make-up hält.
„Bitte sehr, lassen Sie sich‘s schmecken.“
Der Gast freut sich über ihren flotten und perfekten Service.
Kurz wandert ihr Blick durch den Raum. Der Rasthof ist neu, sauber und aufgeräumt. Das Sortiment scheint auf Reisende zugeschnitten, doch manches versteht sie nicht. Das Greifspiel beispielsweise, bei dem ein Greifarm nach kleinen Stofftieren schnappt, und sie noch nie jemanden Geld einwerfen sah. Die Kiste daneben ist voll mit Stofftieren, aber keines davon niedlich oder ansprechend. Darunter ist ein Plüschkissen mit der Aufschrift „I love you“. Wer kauft so etwas in einem Autobahnrasthof? So sauber hier alles ist, so herzlos kommt es ihr jeden Tag vor.
Doch viel Zeit zum denken bleibt ihr nicht, die Nächsten wollen von ihr bedient werden.
„Bitte?“
„Zwei Latte Macchiato, eine Karamell-Latte, zwei Schokomuffin und ein, ähm, was wolltest du nochmal, Erna? Ein Salat-Sandwich?“
„Gemüse-Sandwich Toskana habb iich, oder Tomate-Mozzarella-Sandwich.“
„Erna! Willste Gemüse-Sandwich Toskana oder Tomate-Mozzarella-Sandwich? Komm doch mal her!“
Natascha hatte solche Szenen schon oft erlebt, kann diese Unschlüssigkeit trotzdem nicht verstehen. Stattdessen beginnt sie die Getränke zu brühen.
„Welcher is jetz ohne Fleisch und Wurscht?“, fragt Erna, eine weißhaarige Dame.
„Tomate-Mozzarella-Sandwich iis ohne Wurst, Gemüse-Sandwich Toskana iis auch ohne Wurst.“
„Dann nehm ich Tomadde-Mozzarella! Is ja des einziche ohne Wurscht!“
„Tomate-Mozzarella-Sandwich, sehr gerne.“
Natascha denkt sich „Hoffentlich werde ich später nicht so!“, sagt aber: „17,30 Euro bitte.“
Umständlich kramt die alte Dame in ihrem Geldbeutel, Natascha schaut auf den Parkplatz und sieht, wie ein älterer Mann zusammenbricht und liegenbleibt. Seine Begleiterin kreischt panisch, kniet sich neben ihn, tätschelt seine Wange und ist ganz aufgeregt. Ausgerechnet jetzt ist kein anderer Mensch auf dem Parkplatz. Ihr bleibt kurz die Luft weg vor Schreck. Was soll sie tun? Der Schock hat sie im Griff, sie vergisst sogar ihre Pflicht darüber. Das darf nicht vorkommen - sie muss die Situation souverän managen!
Schnell und routiniert rechnet Natascha ab, händigt das Wechselgeld aus, entschuldigt sich beim nächsten Gast für die Unterbrechung, schaut nochmals aus dem Fenster, wie der Mann regungslos hinter seinem Auto liegt, holt ihr Handy raus und ruft den Notdienst.
Kurz geht ein Raunen durch die kurze Warteschlange, Unruhe und Ratlosigkeit ergreifen die Menschen, angstvolles Schweigen nimmt die Warteschlange ein, aber die Gäste vertrauen auf Nataschas perfekten Service.
„Ich müsste mal kurz hiingehen und Bescheid sagen, dass der Notarzt gleiich koommt ...“
Der nächste Gast beschwert sich: „Sie wollen uns doch nicht etwa warten lassen? Der Rettungswagen ist ja schon alarmiert!“
„Entschuldigung, was darf’s denn bitte sein?“
„Ein schneller Cappuccino“, bestellt der fast kahlköpfige, ältere Herr in Kurzarmhemd und gelber Krawatte.

Artig legt sie los, denn unzufriedene Gäste gibt es bei ihr nicht. Es war ihre Disziplin, die sie hierher brachte. Als sie mit ihren Eltern nach Deutschland kam, reichten ihre Sprachkenntnisse gerade für den Hauptschulabschluss. Service ist ihre Stärke, und hier möchte sie es zu etwas bringen. Jeden Tag übergibt sie eine ordentlich abgerechnete Kasse, und Listen mit besonderem Bedarf. Spitzenzeiten bewältigt sie im Alleingang, und sieht dabei aus wie aus dem Ei gepellt. Doch dieser Unfall da draußen lässt ihr keine Ruhe! Wo nur der Notarzt bleibt? Unkoordiniert springen ihre Gedanken hin und her. Hat sie genug getan? Soll sie wirklich weiter Kaffee brühen? Hängt das Überleben des Mannes an einem Wort von ihr? Dass der Notarzt unterwegs sei, und er nur ein paar Minuten durchzuhalten brauche? Sie hat gerade keine genaue Vorstellung vom richtigen Vorgehen, diese Unsicherheit stört sie am meisten. Mechanisch löffelt sie Milchschaum auf den Cappuccino, pudert Kakao darauf. Sie ist nicht ganz bei der Sache! Da sieht sie ihre Kolleginnen Antje und Swantje anmarschieren, deren Schicht in zehn Minuten beginnt.

Draußen biegt das Auto des Zolls ein, der hier im Grenzbereich Schleierfahndungen durchführt. Sofort parkt der Wagen, beide Beamte eilen zu Hilfe, stabilisieren den Mann und fordern Hilfe an.
„Was ist denn da draußen los?“, will Swantje wissen.
„Das ist ein Herzinfarkt“, ist sich Antje sicher. „Mein Schwager sagt immer: Wenn es heiß wird, steigt die Quote schlagartig in die Höhe. Er arbeitet in der Ambulanz, er kennt sich da aus. Und wenn der Winter kommt, häufen sich plötzlich die Oberschenkelbrüche. Das ist für den überhaupt nichts Neues. Letzte Weihnachten zum Beispiel, während alle feierten, war er mit drei Brüchen beschäftigt, und in den Wochen davor waren’s auch schon fünf. So viele hatte er den ganzen Sommer über nicht!“
„Wie gehts denn jetzt da draußen weiter?“, erkundigt sich Swantje. „Erzählt, erzählt!“
„Ich hab den Notarzt gerufen, und würde den Betroffenen gern darüber informieren. Wollt ihr ausnahmsweise schon übernehmen?“
„Aber wir sind doch noch gar nicht dran!“
„Oder wollt ihr draußen Bescheid sagen?“
„Wir sind überhaupt nicht involviert!“
„Nee, nee - das mach mal schön selber!“
Natascha ist schlecht geworden. Auf ihr lastet großer Erwartungsdruck, den sie sich hauptsächlich selbst macht. Wie soll sie ihren Kolleginnen etwas vermitteln, wenn diese nicht verstehen wollen?
Nur durch den Einsatz eines Gastes, eines jungen Mannes, löst sich das Problem. „Ich gehe nach draußen, um mit den Betroffenen zu reden! Wollen Sie mitkommen? Sie sind ja ganz bleich vor Schreck!“
Natascha dankt, möchte aber alleine gehen. Ein Gast ist immer noch ein Gast, und sie muss das jetzt tapfer durchziehen.
Murrend übernehmen Antje und Swantje die Theke, nicht ohne ausdrücklich auf den vorgezogenen Schichtbeginn hinzuweisen. Natascha entschuldigt sich bei den beiden wartenden Gästen, die ihr freundlich Verständnis bekunden, bedankt sich vielmals bei Antje und Swantje, und eilt nach draußen. Unvorbereitet hastet sie in die Wärme, die ihren Schritt bald verlangsamt; 50 Meter können verdammt lang sein!“
„Ich habe bereits den Notarzt gerufen!“
Ruhig sieht der Zollbeamte auf. „Das haben Sie sehr gut gemacht. Wir haben parallel die Luftrettung angefordert, da wir fürchten, dass es schlimmer ist als es aussieht. Trotzdem haben Sie auf jeden Fall zur Rettung beigetragen.“
Sie ist tief ergriffen. Nicht nur vom Gesagten, auch vom Beamten selbst. Wie er so überlegt und selbstbeherrscht Erste Hilfe leistet, Rettung anfordert, beruhigend auf die Leute einwirkt und dabei so selbstsicher auftritt. Ein echter Gentleman - Wahnsinn! Regungslos steht sie da und schnauft, muss an das Plüschkissen mit der Aufschrift „I love you“ denken. Was für ein Mann, was für eine Hitze! Das Knattern in der Luft nimmt sie gar nicht wahr.
„Ich halt mal den Verkehr auf!“ Lässig marschiert er in die Parkplatzeinfahrt und hält die Autos auf. Ein echter Held, der auch durchs Feuer gehen würde! Und sie steht dumm und nutzlos daneben, zu keiner vernünftigen Handlung mehr fähig.
Dann entdeckt sie seine Kollegin, ähnlich alt und ähnlich hübsch wie sie selbst, winkend in der Wiese stehen.
Leute nähern sich, aus allen Richtungen, schauen gespannt in ihre Richtung, gaffen, machen Fotos mit ihren Handys. Sie spürt Schweiß auf ihrem Gesicht. Oh nein!
Der Rettungshubschrauber ist fast direkt über ihr, schwebt flott herunter. Die Foto-Frequenz erhöht sich schlagartig. Eine gewaltige Druckwelle wirbelt welke Blätter und Abfälle durch die Luft, dann setzt der Helikopter auf, mitten auf dem Parkplatz. Unerschrocken eilt ihr Schwarm auf das Vehikel zu, der Rotor wird langsamer. Geduckt trabt der Notarzt zum Verunglückten, der Zollbeamte bummelt hinterher, sieht kurz zu ihr herüber.
Ihre Frisur hat sich aus den Klammern gelockert. Ihr Haar ist zerzaust, und über das Make-up, über ihr stets perfektes Make-up, läuft Schweiß.




2
„Sie Armer, müssen mit Krawatte herumlaufen. Aber Sie sind nicht der Einzige, hier waren heute schon mehr Leute wie Sie da!“
Der Geschäftsführer einer kleinen Softwarefirma ist nicht gerade erfreut über Antjes Begrüßung. „Einen Espresso Macchiato bitte.“
Swantje schäumt Milch auf.
„Espresso Macchiato, kommt sofort! Zwei Euro sechzig bitte!“ Antje kassiert und wechselt. „Ich hab‘ mal in Italien einen Espresso Macchiato bestellt. Dann schaut mich der Barkeeper aber sowas von blöd an, und zeigt dauernd auf seine Uhr. Der ist schnell gemacht, sag ich, konnte aber kein italienisch, außer dem das man zum bestellen braucht. Und erst als ich wieder daheim war, erklärte mir mein Nachbar, dass Italiener am Nachmittag nur noch Espresso trinken, damit man keine Milch zur Nacht mehr zu sich nimmt. Darum hat er dauernd auf die Uhr gezeigt und mich andauernd was gefragt, ohne dass ich‘s verstehen konnte. Da schaut man erst mal blöd, wenn man bestellt und dann sowas als Antwort bekommt! So, bitteschön!“
„Espresso Macchiato ist der mit Milchschaum.“
„Ah! Der Milchschaum, ja! Ich dachte, ich hätte ihn schon drauf gemacht ...“
Erstaunt und verständnislos trägt er seinen Kaffee von dannen, sucht sich einen Sitzplatz, möglichst weit entfernt von der Bar.

„Was darf’s sein, junge Frau?“ Swantje übernimmt.
„Espresso please.“
„Solo oder Doppio?“
„Solo.“
„Bei dem Wetter kann man auch gar nicht so viel Kaffee trinken. Ein Eis wäre da viel besser! Mmh, das wärs jetzt!“
Stumm streckt ihr die wuschelköpfige und sommersprossige Frau einen Geldschein entgegen.
„Bitteschön, lassen Sie sich‘s schmecken!“
„Dankescheen. Very nice.“
„Ja, das sind wir!“

„Hachja, was darfs für Sie sein?“
Unschlüssig tappt ein älterer Herr mit Sonnenbrille und Strohhut, in leichter Sommerjacke, die selbst einem Tropenbewohner heute zu warm wäre, von einem Bein aufs andere, schaut sich nochmals um und murmelt: “Einen einfachen Espresso.“
Beide schauen ihn herablassend an, wundern sich über seine Erscheinung. Nach einer kurzen Pause, von etwa drei Sekunden, beginnt Antje das Getränk zu brühen, während Swantje unterkühlt „Eins achtzig“ murmelt.

Der Mann wartet bis das Getränk auf dem Tresen steht, legt dann langsam einen zerknüllten Fünfzig-Euroschein auf die Schale. Swantje tippt die Rechnung in die Kasse, nimmt den zerknüllten Geldschein an sich, sieht ihn von vorne und von hinten an, wieder von vorne, legt ihn schließlich neben die Schale. Mit einem Pling geht der Schubladen der Kasse auf. Sie zieht einen anderen Geldschein hervor, legt ihn zum Vergleich daneben.
„Schau mal Antje, die sehen doch unterschiedlich aus, oder?“
„Ui ja! Die Farbe ist blasser, die Brücke wirkt kleiner, und der Fensterstock schief!“
„Hast du schon mal Falschgeld in der Hand gehabt?“
„Nein, aber mein Neffe hatte früher mal einen Zwanzigmarkschein in der Hand. Wo er einen echten daneben hielt, hatte man den Unterschied auf 100 Meter gesehen. Nur hat man ja oft keinen Schein zum Vergleich in der Tasche.“
„Der kam so aus dem Geldautomat!“, beschwert sich der Mann. „Also her mit dem Wechselgeld!“
„Na na na! Jetzt werden sie mal nicht vorlaut!“
„Hier kreuzt doch immer so ein Auto vom Zoll `rum!“, fällt Swantje ein, während sie den richtigen Geldschein zurück in die Kasse legt. „Die können wir mal fragen!“
„Wo ist denn der Zoll, wenn man ihn mal braucht?“
Beide gehen zur Fensterfront um zu schauen.
„Haben Sie denn kein anderes Geld dabei?“, erkundigt sich Antje, als beide zurückkommen. „Äh ...“

Der Geldschein ist fort, mit ihm auch der Mann. Am Hinterausgang sehen sie ihn noch entwischen, und zwischen den geparkten LKW verschwinden.
„Eine Frechheit war das!“
„Da könnte ja jeder kommen!“
„Aber mit uns nicht!“
„Wer uns überlisten will, muss schon früher aufstehen!“
„Wir haben den Rasthof vor 48,20 Euro Verlust bewahrt!“
„Das müssen wir dem Scheffler erzählen!“

An der Kaffeebar steht gerade niemand an, Antje und Swantje schauen sich neugierig um.
„Bin ja mal gespannt, wann sie die Tankstellenkasse neu machen. Bislang redet der Scheffler nur.“
„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die Kasse ansprechender werden kann. In jeder Tankstelle sieht das so aus.“
„Er meint immer, das wäre der einzige unmoderne Fleck im Rasthof.“
„Dann bin ich ja mal gespannt, was ihm dafür einfällt.“
„Aber sonst muss ich sagen, dass wir einen schönen Rasthof haben.“
„Zumindest im Cafeteria-Bereich! Der Shop bei den Kollegen von der Tankstelle zum Beispiel, der ist ja vollgestellt mit allem möglichen und unmöglichen Zeug. Da frag‘ ich mich schon, wer das alles kaufen soll!“
„Wenigstens das Greifarm-Spiel könnten sie wegtun. Da seh‘ ich nie jemanden spielen.“
„Wenn die jedes Viech für einen Euro verkaufen, kommt mehr rum!“

„Ah, da kommt neue Kundschaft!“
„Der ist mal interessant - und gut gekleidet!“, freut sich Swantje.
„Was darf’s bei Ihnen sein?“
„Ein Cappuccino und ein Cornetto, bitte.“
„Cafe Cornetto, wie in Italien. Eine sehr gute Wahl!“ Antje tippt die Bestellung in die Kasse ein.
„Ja, in Italien wäre ich jetzt lieber“, beginnt der Gast das Gespräch.
„Jaaa!“
„Ich auch! Ich liebe Italien! Ach, das ist schon schön dort. Italien!“ Swantje ist begeistert.
„Das Essen schmeckt dort auch gleich viel besser“, legt er nach.
„Ich fahr‘ so gern nach Italien! Am liebsten in die Toskana!“
„Oh ja, die ist wirklich sehr schön. Welche Orte kennen Sie denn dort?“
Swantje war ergriffen. Endlich interessierte sich ein Gast für sie und hörte zu! „San Gimignano gefällt mir gut, und Florenz, und natürlich Siena! Ah, Siena mit der Piazza del Campo, das ist so toll. Und Pitigliano, Monteriggioni, Seggiano, oder Prato!“
„In Monteriggioni war ich auch schon!“, wirft Antje ein. „Die Gnocchi im Porta Roma sind die besten, die ich je probiert habe! Ah, war das ein Genuss! Also das sind echt die weltbesten Gnocchi! Sowas kriegt man hier ja gar nicht!“
„Ja, das ist wirklich schön dort. Was darf ich denn für Kaffee und Hörnchen bezahlen?“
Die Frage unterbricht den Redefluss der beiden Damen.
„Äh, ja ...“
„Fünf Euro zwanzig bitte.“
Die Zubereitung fordert ihre Konzentration. Das Handy des Gastes klingelt, er geht ran und meldet sich. „Hellmeier, der mit der Riester-Rente? Ist verschoben auf 15 Uhr. Ich bin hier auf einem Rasthof in der Nähe, keine Sorge. Morgen um elf kannst du mir einen neuen Termin machen – schick’s einfach durch!“
Bevor er sein Tablett nimmt, wirft er eine 20 Cent Münze in die Trinkgeld-Box. Antje und Swantje grinsen übers ganze Gesicht und danken vollmundig. „Die Italien-Masche zieht bei den Ladies eigentlich immer“, denkt er sich und trägt lächelnd sein Tablett fort.
„Das war mal ein netter Gast!“
„Nicht so ein Muffel wie all die anderen.“

Da nichts zu tun ist, putzen sie Theke und Maschine. Ihr Chef kommt vorbei, sieht sie fleißig und stumm beim putzen.
„Sie sind ja fleißig“, meint er anerkennend.
„Ja, so sind wir!“
Er freut sich, dass die Beiden die Leerlaufzeiten lieber zum putzen nutzen, als unmotiviert herumzusitzen.
Noch bevor Herr Scheffler zu Wort kommt, fasst ihm Antje alles zusammen: „Hier kommen die abgefahrensten Leute vorbei – das glaubt man gar nicht. Also, dieser komische Typ heute, mit Sonnenbrille, nicht sehr gesprächig, und schlecht gerochen hat der, das glaubt man gar nicht, da ist mein Enkel in der dritten Klasse noch gepflegter, hat uns doch allen Ernstes einen falschen Fünfziger auf den Tresen gelegt!“
„Und behauptet, der kam so aus dem Geldautomat und jetzt her mit dem Wechselgeld!“
„Aber mit uns nicht!“
„Wir haben den Rasthof vor 48,20 Euro Verlust bewahrt!“
„Wir sind die Guten!“
Scheffler dankt ihnen im Namen des Rasthofs, und stellt ihnen eine kleine Anerkennung für irgendwann in Aussicht.

„Ich möchte Ihnen außerdem noch danken“, fügt er an, „Dass Sie heute so spontan ihren Schichtbeginn um eine Viertelstunde nach vorne gezogen haben.“
Oh, wieviel besser fühlten sie sich gleich!
„Wir sind ja auch die Guten!“
„Im Gegensatz zum Toilettenputzpersonal! Die machen derzeit gar nichts mehr!“ Swantje gefällt es, über den Trupp zu lästern.
„Und öfter mal unter die Dusche stellen könnten die sich auch!“


 


 Fortsetzung: 

http://www.amazon.de/Rasthof-des-Jahres-ebook/dp/B00F1F7QQA/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1378620158&sr=8-1&keywords=rasthof+des+jahres





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Montag, 15. Juli 2013

English e-book: "Three days, and not a single day longer"

First english e-book by me available: "Three days, and not a single day longer"




A journey to France is always full of impressions. Especially when you go to the Île d’Oléron, at the Atlantic shore.

Why not allow yourself a short-trip to the island? Accompany Jona, who grew up there, and re-discover! But be warned: the impressions might work more than you expected!

So stay with him for three days, -and not a single one more!- , to be able to get off in time. The memories will accompany you for a long, long time ...

Read your sample here:
http://wortlaterne.blogspot.de/2013/07/sample-three-days-not-single-day-longer.html 

And don‘t worry: it wasn‘t translated by me.

The e-book is available here:
http://www.amazon.de/Three-days-single-longer-ebook/dp/B00DXN47GO/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1373860115&sr=8-1&keywords=three+days%2C+not+a+single




The nice scissor-type cover was designed by:
http://st-koenigshausen.blogspot.de/


Blurb:
Noah travels for a funeral to his native island, where he stays for three days. Here he unexpectedly meets his unfulfilled calf love; during this time his life becomes muddled. When he finds out a family secret he knows, why his earlier puppy love was all in vain.


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Eine Reise nach Frankreich sorgt immer für nachhaltige Eindrücke. Besonders wenn man auf die
Île d’Oléron fährt.

Warum nicht einen literarischen Kurzurlaub einlegen? Begleite Noah, der dort aufwuchs, und entdecke mit ihm die Insel wieder. Aber sei gewarnt: Die Eindrücke können einen mehr mitnehmenh, als man dachte!
Bleib mit ihm drei Tage, -und keinen mehr!- , um rechtzeitig abreisen zu können. Die Erinnerungen begleiten einen ohnehin noch lange ...

Die deutsche Version gibt es hier:
http://www.amazon.de/Drei-Tage-keinen-mehr-ebook/dp/B00D0JDYA6/ref=sr_1_3?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1373864854&sr=1-3


Eine Leseprobe findet ihr hier auf dem Blog:
http://wortlaterne.blogspot.de/2013/06/leseprobe-drei-tage-und-keinen-mehr-ein.html

Und endlich gibt es das Werk auch auf englisch! Das freut mich ganz besonders.
Keine Sorge: ich habe es nicht selbst übersetzt.

Und warum nicht sein Englisch in den Ferien aufbessern?
Hier gibt es die übersetzte Version:

http://www.amazon.de/Three-days-single-longer-ebook/dp/B00DXN47GO/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1373860115&sr=8-1&keywords=three+days%2C+not+a+single

Samstag, 13. Juli 2013

Sample: „Three days, not a single day longer“

Sample: „Three days, not a single day longer“














1
Already from far I could see the Marennes church tower. Towering tall and slender it could be seen from far in these lowlands. Glistening light was fleeing about it in a bizarre way, seeming almost unreal.
The scene appeared to me like a Flemish landscape painting. Memories came into the picture. As familiar as the tower was to me since childhood days, as distant it always seemed to be. I drove and drove, but hardly came any closer. The road was as straight as the landscape was flat, and bypassed the town. Next to me was my traveling bag, with things for only a few days. Three days I wanted to stay, three days and not a single day longer.
To pay my uncle Yanis the last respect was a matter of honor. He was always in a good temper and a good-humored man. If the funeral eulogies would turn out exceedingly favorable, none of them would have been exorbitant. He was a real benefaction for his entire surroundings, correspondingly deep the mourning about his parting should be.

I had no problems with my relatives, not with a single one of them. But all together - this unavoidably had to cause innuendos, discussions, antipathies or dramas. It always ended like that. I would have liked to come just for the funeral, leaving right after the funeral feast. But my journey was just too long and my parents would be miffed about such a short stay. It had to become a mission of diffidence and balancing.

The tower still stood overpowering in the landscape, as if I had not come closer. I completely forgot how long the Marennes bypass was dragging out. For me it was a landmark; I entered the area of my growing up. Funny games with other kids, the first kiss, benders and hangovers, and Maria, my unfulfilled great love. Goodness gracious! I haven’t been here for a very long time! This I also realized when seeing all the other drivers wearing sunglasses. In the north, where I had found work, you only need them for a few days in midsummer, when no Atlantic depression can compete against the continental heat.

The road ran for a short while through a forest, actually just a piece of land with some trees on it – what people here call a forest. People in the north can only laugh about it – and I become more and more like them. I eat lots of chips and sausages, hang around in dim pubs for a beer or play darts with my buddies. Forgotten were oysters, mussels, calamari, fine sauces and good dessert wines.
The trees ended and I could see the tower to my left. I could hardly believe that it went forward. The mainland’s end was getting closer; I could already smell the sea and the salty air. Soon the stalls of the oyster farmers would be within sight. Along the road wooden stalls in front of the tanks were attracting the customers. It was the only highway to the island, so business here was best. Tourist’s cars were parking in front of the stalls, even two light trucks, coming for today’s catch. Only 3 kilometers to the bridge, 2 to the last roadhouse on the mainland. I slowed down and headed towards it.
Of course there would be coffee back home. But before my first sip all relatives at my parent’s house would want to see me and talk to me. Only then there would be cake, served with hundreds of questions. It would be a hard time until I got my coffee. I guess the roadhouse was my last station in anonymity. I enjoyed the late August sun on the terrace.

2
The best fruit always grew 10 m from the entrance. Little boys used to run straight to the end of the field, little girls to the fence left and right, housewives used to stay in the center. Nobody expected fruit at the very beginning; that’s where I usually found it. Red and mellow they were hanging right in front of me, so I just needed to reach for them. It was more nostalgic than necessity, but it got me a breather.

I should have rather been in my parent’s house, but there was intense activity going on, my relatives were caught in deep discussion. It were, as usual, old topics and recriminations. However, I preferred not to take part. I was at the end of my rope, but there was nothing I could do. To cool down, grandma Zoé had suggested ice cream with raspberries – that was my chance to get out.
Since it was a weekday, it stayed clear on the raspberry field. The old Haussmann couple passed on bikes, an elder lady asked me about my success. I guess she made a pass at me. So I showed her the contents of my basket, she wished me good luck and went to the check out. The raspberries at ground level sparked my interest a lot more, so I toddled in my haunches to and fro. My basket was filling, also with memories. Untroubled days on the island, blue skies, some white clouds, like painted in the sky, a warm wind, gathering raspberries in the afternoon, for freshly baked cake, no thoughts wasted on school or even the next exams. Just music and pretty girls on my mind, life was feeling so easy. But was everything really this rosy? Does man realize that he is living without worries or does he need a certain measure of doubt? Am I good enough for the coming exams; am I attractive enough for Mrs. so-and-so? Alas, I really got sentimental thinking of the old days.
Certainly not all has been rosy, even if it seems like it in the retrospective. I was unhappily in love with Maria, and it felt disastrous at the time, like the end of everything. Today I could only smile about it. I could not even remember the looks of her. Would I recognize her if our paths crossed today? These thoughts amused me, so I let them wander across the plain island.

On special occasions my parents had taken me to church. There I had seen Maria more often. She had been dressed in bright colors, looking straight ahead in confidence and she had been turning her pretty head towards me. How have I yearned for her! I caught myself smirking. Of course, afterwards our family had been going home briskly. How could I ever say ‘hello’? But I was seeing her more often, otherwise my longing would not have been lasting for that long.
In the morning at the bus stop I was seeing her often. Of course not on “my” side but diagonally opposite. Should I simply cross the street and talk to her, while all who were waiting could see me? And possibly miss my bus for it? Never before had I guessed how hard waiting for the bus could be. She went to a fine arts school, so much I found out, while I just went to a “normal” school. How often had I been dreaming of her, when lessons became boring? And they had been boring rather often. Then I had seen her, in my thoughts, playing piano, while a warm summer breeze played with the curtains and carried butterflies through the skies.
Once I even waved to her when she crossed street. I thought recognizing a twinkle in her eyes. Two classmates had pulled me into the bus.

And then happened, what had to be. I had found an apprenticeship and moved to the mainland, living in a hostel. The island had not offered us sufficient prospects and most of us had left. I haven’t seen her since. But thoughts of her had kept me warm when winter storms were sweeping through the hostel, when I was going to the office in darkness and rain, when I was sitting with the coarse guys in the dining room or when I had been lying in bed jittering, because the heating installation was down again.
Romanticized I grinned into a face that showed up on the other side of raspberry bushes. “Oh! Good afternoon”, I was laughing to it.
The shapes and images of my fantasy were captured, a bit at a time, by the features of a real face. Bit by bit I synchronized it with my faded memories. The brunette, medium-length hair, the pale face, the watery warm eyes confidently looking straight ahead – everything matched.
“Oh ... good ... afternoon ...”




Translation by: New Core Translation

If you like the sample, have a look on the entire e-book in Amazon's Kindle-shop: 







Sonntag, 8. Januar 2012

Ein BUCH geht um die WELT


Mit diesem Deckblatt starten ein paar Bücher zu ihrer Weltreise!
Wer eines davon bekommt, darf es lesen, riechen, ... - und möge es bitte weiterreichen, damit es viel herum kommt.
Unter "Kommentar" kann man HIER den Aufenthaltsort angeben (auch anonym möglich!).

Alle Blog-Leser werden die Reise gespannt mitverfolgen.

Ein GANZ GROSSER HERZLICHER DANK geht an alle Mitwirkenden
- und an St. Königshausen Grafikdesign!

Über viele Meldungen freut sich:
Robert Königshausen

Bücher: wo seid ihr?

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