Teil 2: Ab in die Pampa! Auf einem Holzsteg schaut man aufs Ende der Welt.
Wir waren in der Pampa Humida, der feuchten Pampa, die den Großteil der Provinz Buenos Aires einnimmt. Ob „La Pampa“ oder „Las Pampas“, beide Formen sind korrekt. Grüne Wiese erstreckte sich bis zum Horizont, durchzogen nur von einzelnen Baumreihen, irgendwo ganz hinten. Und irgendwo da hinten laufen Rinder herum, gehen Gauchos ihrer Arbeit nach.
Kilometer 368: Auf der Straße war viel Verkehr, Mercedes-LKW der 1970er, Mack-Trucks der 80er, Autos. Blieben wir stehen, kamen 4-5 Fahrzeuge pro Minute vorbei.
Die Orte lagen allesamt neben der Straße, per Abzweigung und Zubringer zu erreichen. Der Verkehr sollte draußen bleiben. Grundriss und Aussehen der Orte glichen sich. Schachbrettartiger Grundriss, ein kleiner Park bringt Grün, Betonwürfel mit Balkonen, Hotels und Gastronomie vorhanden.
Km 684 (viel Verkehr) |
Km 841 |
Carmen de Patagones |
Carmen de Patagones ist der letzte Ort vor Patagonien. Ein rechteckiger Platz in der Mitte, doppeltürmige Kirche des sog. Kolonial-Barock, Eisdiele, bunte Häuser. Wir holten uns Empanadas, gefüllte Teigtaschen (z.B. mit Rinder-Hackfleisch).
Danach fuhren wir rüber nach Viedma, über den Rio Negro, in die gleichnamige Provinz.
Zwischen Viedma und San Antonio Oeste wurde es deutlich trockener, Erosion verwandelte einzelne Landstriche in das, was wir „Badlands“ nannten. Wir blieben auf der „Ruta Tres“ (Straße Nr. 3), der asphaltierten Piste in den Süden, kamen in die Provinz Chubut.
Wir bogen ab auf die Halbinsel Valdes, mal eben Robben kucken. Nach 1-2 h Fahrt über Schotterpiste kamen wir an einen der Strände, an den Seelöwen, Mähnenrobben und See-Elefanten zum schlafen kommen. Es war ein geselliges Beisammensein, wir sahen Dutzende Tiere bei ihrer Pause. Am Punta Delgada besuchten wir weitere Bewohner: viele Magellan-Pinguine ließen sich anspülen und gingen hier an Land. Der kalte Falkland-Strom bringt sie hoch nach Norden. Die putzigen Tiere zeigen keinerlei Scheu vor Menschen und lassen sich gerne fotografieren.
Die Federung des Fiat nahm es arg mit, er begann zu schaukeln. Doch was tun? Die Infrastruktur in Trelew und Rawson (gegründet von walisischen Einwanderern) gaben keinen Boxenstopp her. Zumindest zwei Reifen sollten geflickt werden. Dazu gibt es in spezielle Werkstätten im ganzen Land, sogenannte Gomerias. Für etwa 4 Pesos, zuzüglich Material, wird der Reifen geflickt und hält wieder eine Weile.
In Trelew gingen wir ins Paläontologische Museum Egidio Feruglio und sahen uns Saurierskeltte an.
in der Gomeria (zum Reifenflicken) |
Kilometer 1383: Die Landschaft besteht aus kniehohen Dornensträuchern, und Büscheln gelben Grases, genauso hoch. Dazwischen entweder Kies oder trockene Erde. Dies bis zum Horizont, in jede Richtung. Patagonien gilt als Halbwüste, liegt im Regenschatten der Anden. Meist ist es eben, mal leicht gewellt. Mit Glück läuft eine Stromleitung neben der Straße, bringt Abwechslung und Orientierung zur Geschwindigkeit. Ohne Strompfosten sehen Tempo 80 und 130 gleich aus.
Angeblich gibt es hier große Schafherden. Für Rinder gibt das Land nicht genug her.
KM 1491: Der Ruta Tres fehlt ein Stück Asphalt. Es staut sich, jeder sucht seinen Weg durch den Kies und zurück auf den Asphalt.
der Weg nach Süden |
Comodora Rivadavia sollte unfreiwillig zu unserer Drehscheibe werden. Mit 140.000 Einwohnern eine der großen Städte in Patagonien. Betonhäuser flankieren gerade Straßen, der Wind pfeift um jede Ecke. Wir quartierten uns ein und brachten den Fiat in die Werkstatt. Fehler gefunden, Ersatzteil kommt in 1-2 Wochen. Nicht gut. Wir gaben dem Chef-Mechaniker 20 Pesos für eine Bastellösung, was ihn sehr motivierte, aber auch nichts brachte. Andy telefonierte mit dem Vermieter, er konnte das Auto abholen lassen und nicht weiter verrechnen, nein wir zahlen den Transport nicht, wäre ja noch schöner. Die hinterlegte Kaution sahen wir nicht wieder.
Wir suchten und fanden ein stabiles Auto, einen Jeep Cherokee für die Schotterpisten am Fuße der Anden, der morgen eintrefften sollte. Gebucht.
So blieb Zeit fürs Erdölmuseum. Im Hinterland wird Öl gefördert, so wurde die Stadt groß und reich. Die Dame ließ es sich nicht nehmen, uns eine Führung zu geben. Ich übersetzte Claus und Christian so gut ich konnte. Teils auch nur mit „ich sage jetzt nur irgendwas, damit sie glaubt ich würde übersetzen“. Als Lateiner verstanden sie ohnehin viel.
Die Temparatur lag mit max. 25°C ohnehin nicht mehr so hoch. Abends frischte der Wind auf, durch die breiten Straßen trieb es ungehindert Regen, nachts hatte es nur noch 10-15°. Wir besuchten auch einen Parrilla (sprich: parriescha), ein Grill-Lokal. Meist von Asiaten geführt, grillen sie all-you-can-eat. Der Nachteil ist, dass Rind oft nur aus mageren Rippen besteht. Alternativ gibt es Schwein oder Hühnchen. Und weil es Asiaten sind, hat man Chancen auf Gemüse - es trifft der Geschmack der Argentinier nicht so ...
Nach vier Tagen Zwangspause ging es endlich weiter. Auf in die Provinz Santa Cruz, dort wo der Wind zuhause ist.
Nach knapp 200 km gab es den „Versteinerten Wald“ von Jaramillo zu sehen. Baumstämme wurden in Urzeiten vom Regen „mineralisiert“, und so zu Stein. Man sieht also „Baumstämme“ herumliegen, die auch so aussehen, mit all den Farben und Jahresringen. Doch sie fühlen sich an wie Stein, sind hart und schwer wie Stein, sind aus Stein.
Versteinerter Baum |
Km 1392 |
auf der Strecke geblieben |
KM 1798: Wir hielten an der Straße und brachten die Türen kaum auf. Obwohl die rechten Türen leicht nach unten hingen durch die Schräglage, mussten wir uns oft genug mit ganzem Gewicht dagegenlehnen. Der Wind aus West drückte dagegen. Zigaretten anzünden oder im Freien pinkeln war nicht mehr. Das war dann leichter Wind. Abends konnte er auffrischen, die Pappeln gehörig durchrütteln, die als Windbrecher vor jedem Ort stehen. Uns bescherte er lebhafte Träume, ja - wir träumten ganze Filme wenn es die ganze Nacht blies. Was wir als Starkwind empfanden, war hier alltäglich.
Nach 2500 km kamen wir nach Rio Gallegos (sprich: rio gascheegos). Bis 1981 kamen Briten von den Falkland-Inseln hierher, zum einkaufen oder um das Krankenhaus zu besuchen. Nach dem Falklandkrieg blieben sie aus. Geblieben ist der „British Club“, ein Restaurant mit Streifentapete, Rauchsalon, Billardzimmer (bzw. Snooker), Kellnern im Anzug. Alles was fehlte, waren echte Engländer.
Über die Magellanstraße, nach Feuerland
Weiter ging es Richtung Feuerland. Es geht ein Stück durch Chile, die Grenze kam bald. Und das geht so: Man fährt bis zur Schranke, geht in das Holzhaus, füllt ein Formular mit Name, Beruf, Ausweisnumer aus, das man stempeln lässt, geht zurück zum Auto, zeigt Stempel und Kofferraum, wartet bis die Schranke aufgeht und man Argentinien verlassen kann. Soldaten stehen bereit, die Grenze ist Sache des Militärs. Die „Bandera“ (Fahne) weht groß und meist dreckig und zerrissen. Sie zum waschen einzuholen ist ein streng regulierter Akt, denn wo sie weht, ist Argentinien. Ein großes Schild, mit Silhouette der Falkland-Inseln, steht unübersehbar neben der Straße und verkündet: „Las Malvinas son Argentinas“ (Die Malvinen = Falkland-Inseln sind argentinisch).
Wir fuhren ein Stück zur nächsten Schranke, gingen ins Holzhaus, alles nochmals, um in Chile einzureisen. Hier stand Polizei in kugelsicheren Westen, mit Aufschriften wie „Detective“ oder „Officer“. Außerdem hingen Vermisstenanzeigen aus. Chilenen sind familiärer und Vielen sieht man ihre Indio-Wurzeln an.
Eine Fähre tuckerte uns über die Magellanstraße, wir waren auf Feuerland! Nach kurzer Fahrt wieder ein Grenzübertritt mit dem üblichen Prozedere, auf die argentinische Seite Feuerlands.
Die Wiesen bestanden mehr aus Gras als aus Dornbüschen, wir sahen die grasenden Schafe auch mal. Die einzelnen Höfe haben sich eingekreiste Zahlen aufs Wellblechdach gemalt, um sie erkennen zu können. Zur Versorgung aus der Luft kann das wichtig sein, wenn im Winter der Schnee alles verschluckt.
Wir fuhren über die Berge am Lago Fagnano, es begann zu schneien, der Schnee blieb liegen. Es war nur eine dünne Schicht, und auch nur in den Bergen. Immerhin war es Sommer.
In Ushuaia herrschte reges Treiben, es gab viele private Hotels und Restaurants. Touristen tummelten sich - hier starten Antarktis-Kreuzfahrten, Kap Hoorn ist zum greifen nah. Als Souvenirs gibt es gestempelte Postkarten vom Ende der Welt, oder Poster mit einer Karte von Kap Hoorn und den davor gesunkenen Schiffen.
Die Ruta Tres endet hier, wir waren am Ende, in der südlichsten Stadt Argentiniens (offiziell ist das chilenische Puerto Williams die südlichste Stadt der Welt). Eingerahmt von verschneiten Bergen und bunten Häusern verströmt der Hafen angenehmes atlantisches Flair.
Es ist nicht weit zum Nationalpark Tierra del Fuego, mit ausgehnten Sümpfen bzw. Torfmooren, Otter bauten einen Damm. Wir verließen den Weg und ließen uns von dichtem, weißen Geflecht tragen, das unter der rot-grünen Deckschicht erscheint, Wasser quoll von unten um die Sohlen. Also besser auf dem befestigten Weg bleiben und die Einsamkeit des Sumpfes am Ende der Welt genießen.
Tierra-del-Fuego Nationalpark |
Biberdamm |
im Sumpf |
Blick aufs Ende der Welt |
Die Fahrt konnte jetzt nur nach Norden gehen. Wir wollten in Chile verweilen und erst bei den Gletschern wieder zurück. Es ging erst richtig los!
Lesen Sie in Teil 3: Dort wo der Gletscher kalbt, auf der Spur des Puma und weitere Bordercrosses.
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