Samstag, 28. Juli 2012

Groschen-Rendezvous in Naumburg

Hach, war das schön, damals...: 

Mit diesem Beitrag landete ich im November 2010 in der Endauswahl, und dort auf dem 4. Platz des Schreibwettbewerbs "Mein Rendezvous mit Sachsen-Anhalt" der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH. 
(Ein paar Stimmen mehr, und ich wäre mit dem Trabbi die Rally nach Dessau gefahren ;-)  )

"Groschen-Rendezvous in Naumburg"



„Habt ihr mal‘n paar Groschen übrig?“, fragte uns der Mann auf dem Reußenplatz. Seine Kleidung wirkte vernachlässigt, doch seine strahlenden Augen schienen zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Es war ein sonniger, milder Sonntagnachmittag im Oktober und über Naumburg lag eine feierliche Stimmung. Marie und ich kamen als Touristen, besichtigten den romanischen Dom, mit seinem kunstvollen Lettner und den berühmten Stifterfiguren, und bummelten durch die Stadt.
Ich griff zu meinem Geldbeutel, kramte eine Handvoll Münzen zusammen und gab sie ihm. Beim übergeben sah ich erst ihren Wert. Es waren 3,80 € - etwas viel für „ein paar Groschen“. Er warf einen freudigen Blick auf sie, dann zu mir, bedankte sich sehr höflich, zog sogar seine Kappe und wünschte uns einen wunderschönen Tag.

Marie genoss die Atmosphäre und ging weiter. Sie wollte Kaffee trinken, zog mich über den Marktplatz, erblickte das „Café Kanzlei“ und ging nach drinnen. Ein Platz in Fensternähe sprach sie an, sie ließ sich auf das rote Plüschsofa fallen. Ich folgte etwas langsamer. Sie bewunderte die alten, handgeschriebenen Urkunden an der Wand. Ich rückte hin und her, arrangierte mich mit der Tischlampe, sah am Tischbein entlang zum Boden hinab und entdeckte säuberlich gestapelte Münzen auf dem dunkelroten Teppich. Langsam hob ich sie auf, zählte ich ihren Wert und hielt inne. Es waren nicht einfach ein paar Münzen, sondern genau 3,80 €.
Nun wusste ich, dass Naumburg mich ins Herz geschlossen hatte.




Alle Rechte liegen beim Verfasser

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Wie ich auf die Idee kam? Die besten Geschichten schreibt immer noch das Leben....
Die Geschichte ist fast genau so in England passiert, nur dass es damals ein Familienurlaub war. Ich gab einem Bedürftigen 3,80 Pfund. Am selben Abend im Restaurant: ich trottete hinterher und nahm den verbleibenden Platz, fand ich einen Stapel Münzen am Tischbein, als warteten sie auf mich. Den Betrag dürft ihr raten ..... - genau! Aber ganz genau. Unheimlich? Spannend!

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Das Café Kanzlei gibt's übrigens wirklich - mit roten Plüschsofas und handgeschriebenen Urkunden an der Wand. Naumburg ist ein nettes Städtchen, und der romanische Dom ist absolut sehenswert - mit 4 Türmen, Kreuzgang und den berühmten "Stifterfiguren" (frühe Version körperlicher Figuren aus der Zeit der Gotik (als Figuren schmal und verklärt waren)).
Naumburg ist eine halbe Stunde von Leipzig entfernt (sowohl per Auto als auch mit dem Zug - liegt auf der Hauptstrecke), und Leipzig ist absolut klasse.
In Naumburg geht's beschaulich zu. Aber genau deswegen lohnt sich ein Ausflug dorthin.

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