Samstag, 21. Januar 2012

RuhrTour 2012 / Teil 2/3

Teil 2
Gladbeck

Meine Reise führt mich weiter nach Gladbeck, das sich anschickt, ein literarisches Zentrum des Ruhrgebiets zu werden. Nördlich von Bottrop stellt es das „grüne Tor zum Ruhrgebiet“ dar. Ich schaue auf der A 52 nach Norden. Vorbei am Ruhröl-Gelände, mit qualmenden Schloten, vorbei an Marl, mit seinem großen Chemiepark. Kurz darauf bin ich im Grünen, in einem Wäldchen nahe Haltern, danbeben Felder und Höfe. Man baut mit Klinkern, dunkelrot bis dunkelbraun, Felder und Wiesen in dunklem Grün. Eben noch am Rhein, bin ich schon in Westfalen, auf dem Land.
Zehn Minuten später bin ich wieder in Gladbeck. Sonntag Vormittag einen Imbiss in der Innenstadt zu finden, erweist sich als unmöglich. Bleibt mir nur das „Brauhaus“, mein Hotel mit Gastwirtschaft, für Pommes Spezial, also mit Mayo und Ketchup.
Gladbeck wird von der Propsteikirche St. Lamberti überragt, einem Backsteinbau. Hoch ragt die grüne Kupferhaube auf, je ein Engel mit Fanfare wacht über jede Himmelsrichtung. Tief und voll klingt der Glockenschlag durch die Gassen.
Die Apothekendichte ist hoch, doch nur eine Trinkhalle blieb im Zentrum. Durch den Strukturwandel wanderten Viele ab. Neue zogen von außerhalb zu. Gute Infrastruktur lockt  Familien und Rentner, doch sie pflegen die Trinkhallenkultur nicht weiter.








Das Kraftwerk Scholven bläst aus fünf Kühltürmen und zwei Schornsteinen in die Mittagssonne, während ich auf meine Mitstreiter warte. Gladbecks Literaturszene gibt ein Auswärtsspiel in Mülheim an der Ruhr. Die Mannschaft besteht aus Dirk Juschkat, Lyriker aus Gladbeck, der die leisen Töne angenehm und unterhaltsam vermittelt; Harry M. Liedtke, der die Gladbecker Literaturszene zusammenhält und gerne mit herrlich ironischen Kurzgeschichten brilliert; Inga Hetten aus Trier, mit ihrem fundierten Wissen über die Gruftieszene seit den 80ern, für die spannende Unterhaltung eine Frage gründlicher Arbeit ist; der Medienfrau Julia Röken; und mir, der gerne schräge Ideen verarbeitet.

In Mülheim treffen wir auf Armin Rudziok, alias B.A. Moon, und seine Frau Martina. In jahrelanger Arbeit hatten die beiden eine ehemalige Pizzeria zum „ARTelier Rudziok“ umgebaut. Vorne ist der gemütliche Bar- und Lounge-Bereich, eingerahmt von Armins Gemälden. Dahinter die Bühne, mit Platz für max. 20 Zuschauer. Die beiden führen inszenierte Lesungen und Theaterstücke, die aus Martinas Feder stammen.
Armins Theatererfahrung kommt dem Vortrag seiner Geschichten und Gedichte zugute. Zu unserer Vampirlesung kommen acht Zuschauer, die zum Stammpublikum zählen, das sich die beiden in vier Jahren erarbeitet haben. Unsere Vorstellung nahmen sie angeregt auf, was uns ein großer Dank war.
Danach wurde entspannt geplaudert, und auch der alte Dialekt ausgegraben, um darüber zu lachen. Doch so redet heute keiner mehr.
Zurück ging es durch Essen. Neben der Autobahn verläuft die U-Bahn oberirdisch. Fahrgäste stehen im Freien und kucken auf die Autos.












Tags darauf wiederholten wir die Vorstellung im Gladbecker Café Stilbruch. Durch den Kneipenbetrieb gab es ein größeres Kommen und Gehen vor der Kleinkunstbühne, Pressefotografen machten eifrig Bilder.
Lesungen gibt es dort montags, fast wöchentlich. Von dieser Basis aus sind weitere Aktionen geplant.
Ein Klischee hat sich bewahrheitet: Im Ruhrgebiet kommt man mit Menschen viel schneller zusammen als anderswo. Man ist ehrlich und direkt, bescheiden und herzlich.








Der Abschied fällt nicht leicht, doch ich kehre zurück auf mein Zimmer.
Das Kraftwerk Scholven bläst noch aus allen Rohren in den Nachthimmel.


Lesen Sie in Teil 3: Romanik in Essen, Weltkulturerbe in Dortmund



Weiterführende Links: 

http://www.lokalkompass.de/gladbeck/kultur/schatten-mit-biss-d127551.html/action/recommend/1/


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