Sonntag, 11. März 2012

Reisebericht Färöer, Teil 3/3

Retro-Reise-Bericht: April 1998
Per Frachtschiff auf die Färöer-Inseln

Teil 3: ein Ausflug nach Suðuroy und wieder nach Hause

Tags drauf machten wir einen Ausflug nach Suðuroy, der südlichsten Insel, und etwas abgelegen von der Gruppe der anderen Inseln. Die schicke Fähre Norröna der Smyril-LIne, fährt von Tórshavn dorthin. Während der Saison fährt sie von Esbjerg, Dänemark, nonstop in 18 Stunden, bietet Restaurant und Panoramadeck, Duschen und eine breite Rampe für Fahrzeuge. In der „Sturmsaison“ pendelt sie hier. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde, führt vorbei an Lítla Dímun, der einzig unbewohnten Insel. Wir konnten tolle Fotos von See aus machen, so wie man an jeder Ecke der Inselgruppe einsame Momente und fantastische Motive findet.


Lítla Dímun










Im Hafen dümpelten verlassene Boote ihrem Zerfall entgegen, rostige Motoren und Autowracks lagen herum. Die Berge sind schön, es gibt viel zu schauen. Hierher kommt man wegen der Vogelfelsen im Westen, wo die Klippen steil abfallen. Unaufhörlich klatscht der Atlantik an schwarz-braune Felsen, konkurriert mit dem Krächzen der verschiedenen Vogelarten.
Bloß nicht die Zeit darüber vergessen und die Rückfahrt verpassen! Auf der Norröna war es gut voll, die einzige Verbindung des Tages zur Hauptstadt ist hier viel wert.

Wenn wir nachmittags zurück in unsere Bleibe kamen, gab es meist Tee für uns. Zeit den Ausblick zu genießen, oder ein paar Zeilen für meinen Band „Graues Land“ zu schreiben.An Gastfreundschaft fehlte es nicht. Dadurch waren unsere zehn Tage schnell vorbei und die Heimfahrt stand an.

Claus hatte genug von der Schaukelei, deshalb wollten wir beim nächsten Halt in Thurso / Scrabster, Schottland, aussteigen. Die Fähre von England nach Belgien wäre dann wie Busfahren.
Da unsere Ankunft aber auf Niedrigwasser fallen würde, mussten wir den Kadett in einen Container fahren; er wurde dort festgezurrt und per Bordkran auf Deck gehoben. Nebenan fielen Eiswürfel vom Förderband in Kisten voll frischem Fisch. Gabelstapler fuhren ihn unaufhörlich ins Schiff.
Nach einer Nacht auf dem Atlantik waren wir da. Ein alter Mann mit Kleinbus wartete schon, bot Knabbereien und Getränke in einem schnuckligen Postauto einer anderen Zeit. Unser Container war abgeladen, wir warteten ewig bis endlich ein LKW kam und ihn auflud. Wir wollten unbedingt mit, der Fahrer ließ uns auf seine Schlafkabine sitzen, fuhr uns quer durchs Hafengelände, an irgendeine Rampe. Es war wie wir dachten: Keiner wusste wirklich bescheid, wir wollten irgendein Auto, was macht denn der Container da? Da soll euer Auto drin sein? Im Container war was wir vorhersagten, der Schlüssel passte, also hatten wir unser Auto zurück.









Rollender Krämerladen im Hafen von Thurso



Nach zweistündiger Fahrt schlenderten wir durch Inverness. Die Gassen waren woller Menschen, Menschen, Menschen, die es eilig hatten, überall waren Läden, Läden, Läden. Im Supermarkt gab es nichts das nicht billig war. Kauf-drei-zahl-zwei, extra Inhalt gratis, Sammelpunkte; Gelbe Hinweisstreifen hingen überall von der Decke herab. Wir waren völlig reizüberflutet. Jetzt hatten wir unseren Kulturschock, aber erst nach Verlassen der Färöer-Inseln.
Abends im Pub herrschte dichtes Gedränge. Man stand lieber als zu sitzen, wanderte herum und traf Leute. Alt traf Jung, die Stimmung war prächtig. Der Tresen wurde belagert, jeder schrie seine Bestellung. „Schrei!“, meinte eine Einheimische zu mir, „Sonst bekommst du nichts.“ Doch der Barkeeper, ganz britischer Gentleman, erkannte mich als Fremden und nahm die Bestellung auf, ganz ohne schreien.
Tags drauf in England hörten wir ungewohnte Fragen vor dem Essen: Den Fisch gedünstet oder gebacken, das Bier kühl oder temperiert?

Die nächste Überraschung war für uns, dass der Frühling einkehrte. Überall standen die Bäume in voller Blüte, die Luft war mild und duftete. Der Sommer kündigte sich an, bis nach Baden-Württemberg. Dann ging es durch den Drackenstein-Tunnel, ein paar Höhenmeter hinauf auf die Hochebene. Doch diese Meter reichten. Die Bäume waren kahl, der Frühling würde vier Wochen brauchen hier anzukommen.

Wir waren zwei Wochen unterwegs, zum Ende Europas und zurück ins Zentrum, in Schnee, Seegang und Frühjahrswärme. Für 350 DM konnten wir mit dem Frachtschiff fahren (2 Personen und 1 Auto), und hatten mehr Abenteuer und Eindrücke als bei einer teuren Reise. Plus das Gefühl, in Europa daheim zu sein. Wir waren sehr beeindruckt von den Inseln und ihren Bewohnern, von der Weitläufigkeit und Vielseitigkeit der Landschaft, die man hierzulande zu unrecht nur wenig kennt.

Mehr Fotos (auf meiner Facebook-Seite):


Claus auf Tour: (mit viiieeel mehr Reiseberichten):


Mehr Berichte über die Färöer-Inseln:

Schlußbemerkung: alle Fotos wurden rein analog gemacht und ohne Effekte digitalisiert.

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